„Ihr könnt ihn doch einfach enthaupten“ – Interview mit Ben Knop

Ben Knop (c) Lena Gronewold Maybe Musical

Seit der Spielzeit 2014/2015 ist Ben Knop an der Landesbühne Niedersachsen Nord fester Bestandteil des Ensembles. Dort konnte ihn das Publikum bereits in einigen Musicals, wie in Der kleine Horrorladen als Seymour oder auch in Fletsch – Saturday Bite Fever als Stanley Fletsch, erleben. Aber auch Theaterstücke, wie Dantons Tod oder ab dem 25. März Peer Gynt, scheut der gebürtige Berliner nicht.

Bevor Ben Knop nach Wilhelmshaven kam, lebte und studierte er in Hamburg, wo er unter anderem in Cabaret und High Fidelity spielte. Neben seinen zahlreichen Theater- und Musicalengagements war er außerdem bereits in den verschiedensten Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Aktuell steht er an der Landesbühne im Rock Oratorium Luther – Rebell wider Willen auf der Bühne.

 

Lena Gronewold: Wir fangen natürlich mit deiner Rolle bei Luther – Rebell wider Willen an…

Ben Knop: Was ist dieses Luther? Nie davon gehört… (lacht)

Lena Gronewold: Trotzdem beschäftigt uns Luther in diesem Jahr ganz besonders. Du spielst im Rock Oratorium den Maler Lucas Cranach, der ein Freund Luthers war und hier durch die Geschichte führt. Spürst du einen besonderen Druck, wenn du in einen solchen historischen Charakter schlüpfst?

Ben Knop: Ja, tatsächlich so ein bisschen, weil ich immer Angst habe, dass die Leute, die unten sitzen, die Figur genauer kennen als ich und man mir dann vielleicht vorwirft, ich hätte mich nicht damit auseinandergesetzt. Beim Cranach ist es aber ja doch so, dass er relativ entfernt ist von dem, wie er wirklich war. Hier im Stück haben wir ihn ein bisschen moderner angelegt, sodass er auch die Brück schlägt, zwischen den Leuten und der älteren Geschichte. Deswegen habe ich da prinzipiell nicht so große Sorgen, aber mir wurden dann schon mal gesagt: „Hä? Hat der nicht auch noch ein paar andere Sachen gemacht und war der nicht auch ein bisschen anders?“, da denke ich dann: Ja, gut, aber bei uns ist er auch so ein wenig der Conférencier, der durch die Geschichte führt. Diese Freiheit haben wir uns genommen und ihn eben entsprechend angelegt. Bei anderen Rollen, zum Beispiel St. Just in Dantons Tod, da ist sowas ein bisschen schwieriger, weil man da weniger Freiheiten hat und das auch gar nicht möchte. Aber es macht Spaß, wenn man gucken kann, etwas hat, woran man sich orientiert und das nicht alles völlig aus der Luft gegriffen ist. Man kann dann eher schauen, was haben die Leute gemacht. Das ist auch sehr spannend.

 

Lena Gronewold: Und wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet? Hast du dich viel mit der realen Person Lucas Cranach beschäftigt?

Ben Knop: Ich habe zuerst einmal angefangen, mir im Internet einiges durchzulesen. Und zum Glück bekommen wir dann auch von der Dramaturgie ein Heft mit Informationen über den Hintergrund des Stücks und der Person. Es hat sich dann aber auch schnell abgezeichnet, dass unser Cranach vom realen abweicht, dann habe ich mich eher auf andere Facetten konzentriert. Ich weiß wahrscheinlich nicht alles und auch eher im Groben, aber wie gesagt, es gibt immer Leute die zu mir kommen, die mir dann Dinge über Cranach erzählen und manchmal kann ich dann auch nur Nicken und nett lächeln. Aber die Vorbereitung der Dramaturgie hilft ungemein, sonst hätte man gar nicht die Zeit, sich mit allem zu beschäftigen.

Lena Gronewold: Ihr spielt ja auch immer gleich mehrere Stücke zur selben Zeit.

Ben Knop: Genau, während wir das eine Stück spielen, wird das nächste schon geprobt und dann kann das sehr, sehr schwierig sein, sich mit allem zu befassen.

Lena Gronewold: An der Landesbühne wirkst du ja eben auch in verschiedensten Stücken mit. Hast du einen Favoriten unter deinen bisherigen Rollen?

Ben Knop als Seymour (c) Landesbühne Nord

Ben Knop: Ich glaube, das war St. Just in Dantons Tod. Das hat großen Spaß gemacht, weil ich als St. Just sehr perfide und böse sein konnte, aber ohne, dass es so offensichtlich böse war. Der St. Just macht immer so den Eindruck, als wäre er ganz nett, aber am Ende war er es dann, der gesagt hat: Naja, ihr könntet ihn doch einfach enthaupten. Das hat mir sehr, sehr großen Spaß gemacht. Ansonsten mochte ich auch den Seymour aus Der kleine Horrorladen sehr gerne.

 

Lena Gronewold: Du bist gebürtiger Berlin. Wie hat es dich da an die Nordsee verschlagen?

Ben Knop: Im Grunde war es ein Zufall. Ich habe zuletzt lange in Hamburg gelebt, wo ich auch meine Ausbildung gemacht habe, und dann bekam ich einen Anruf, dass man einen Seymour sucht. Und Seymour war eine Rolle, bei der ich mir vorstellen konnte, dass sie zu mir passt. Gleichzeitig musste man aber eben auch Mitglied des Schauspielensembles werden. Da hatte ich zuerst noch ein paar Zweifel, aber ich bin trotzdem erstmal hingefahren, um es mir anzuschauen und mich vorzustellen. Die Stadt hat sich dann bei meiner Ankunft gleich gut präsentiert. Es war ein schöner Tag mit Sonnenschein und den gibt es hier ja nun nicht so häufig. Wer weiß, vielleicht hätte ich es mir sonst gleich anders überlegt. Und auch das Haus hat sich gleich von seiner besten Seite präsentiert. Alle waren sehr nett und aufgeschlossen. Keiner hat von oben herab auf dich herunter geschaut. Es war ein Gespräch auf Augenhöhe und noch bei der Audition auf der Bühne hat der Intendant mir dann das Angebot gemacht. Natürlich wollten sie dann auch gerne, dass ich mich direkt entscheide. Ich hab dann zwar noch ein bisschen gezögert, mit einem Freund darüber gesprochen, aber mich dann relativ schnell entschieden, hierher zu kommen. Als Musicaldarsteller ein festes Engagement an einem Schauspielhaus zu bekommen, ist zudem auch nicht zu einfach und ich bin ein wenig stolz darauf. Es fühlt sich einfach gut an. Man wird ernst genommen, hat ein festes Einkommen, einen festen Wohnsitz, nachdem man sonst viel umher reist. Mir gefällt das gut und ich könnte mir auch vorstellen, später mal in so einem Ensemble zu arbeiten.

 

Lena Gronewold: Was hat dich zu dem Entschluss bewogen, als festes Ensemblemitglied an eine Landesbühne zu gehen, anstatt dich auf Engagements an „großen Häusern“ zu bewerben?

Ben Knop: Das zur Ruhe kommen hat da sicherlich ein Rolle gespielt. Man muss sich mal eine Weile keine Gedanken machen, nicht immer hin- und herfahren, hier vorsingen – da vorsingen.

Ben Knop (c) Lena Gronewold Maybe Musical

Lena Gronewold: Also ist es dir auch nicht schwer gefallen zu sagen, ich geh an ein kleines Haus, anstatt dich um Engagements an großen Häusern zu bewerben?

Ben Knop: Tatsächlich nicht, nein. Ich habe ein bisschen gezögert, wegen der Stadt, aber der Job war viel zu verlockend in dem Moment. Es wäre dumm gewesen, da nicht ja zu sagen, zumindestens für mich in dem Moment. Für mich ist das hier zudem eine wahnsinnige Lernkurve. Ich werde hier, wenn ich irgendwann gehe, so viel mitnehmen, dass ich auch woanders gebrauchen kann. Das hätte ich bei anderen Engagements vielleicht nicht.

Lena Gronewold: …du hast ja jetzt auch dadurch schon viele verschiedene Stücke gespielt.

Ben Knop: Und wo hätte ich das sonst gemacht. Nehmen wir an, ich wäre direkt bei Stage Entertainment untergekommen, dann hätte ich jetzt vielleicht für ein Jahr das Gleiche gemacht und wäre da vielleicht auch untergegangen und hätte nie wieder was gemacht. Wer weiß das schon? Für den Moment habe ich das hier besser. Ich glaube ohnehin, dass es besser ist, sich da langsam rein zu entwickeln. Es bringt nichts, wenn man gleich irgendwo die große Hauptrolle spielt, damit vielleicht noch überfordert ist und danach nie wieder etwas bekommt. Außerdem bin ich ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich achtmal die Woche für ein Jahr lang das gleiche Stück spielen möchte. Ich habe großen Respekt vor den Leuten, die das können, körperlich als auch stimmlich, aber ich könnte und wollte das glaube ich im Moment nicht.

 

Lena Gronewold: Du konntest neben deiner Erfahrung am Theater auch schon Erfahrung in Film und Fernsehen gewinnen. Hast du in Zukunft auch verstärkt in diesem Bereich tätig zu sein?

Ben Knop: Das ist zwar schon ein bisschen her, aber das würde ich gerne wieder machen. Zurzeit ist das etwas schwierig, weil ich natürlich durch die Proben und Shows hier gebunden bin und nirgends drehen könnte. Film und Fernsehen ist eben auch sehr zeitintensiv. Gerade weil ich jetzt länger nichts gemacht habe, müsste ich jetzt erst einmal ein neues Demoband anfertigen, mir eine Agentur suchen, da ich keine mehr habe. Das sind alles Sachen, die in diesem Stadium nicht funktionieren. Aber wenn ich hier mal irgendwann fertig bin, würde ich das schon gerne wieder machen. Es ist zwar eine ganz andere Sache als das hier im Moment, aber auch etwas das mir riesigen Spaß macht. Es ist auf eine Weise intensiver und ich muss nicht durchgehend schauen, ob man mich auch in der letzten Reihe versteht. Es hat beides viele Vor- aber auch einige Nachteile. Schön wäre es, wenn man so einen Mix hinbekommen könnte. Aber sich das auszusuchen, das können nur ganz wenige. Manchmal muss man als Darsteller einfach nehmen, was kommt.

Lena Gronewold: Um sich das auszusuchen, ist wahrscheinlich auch das Angebot an Künstlern auf dem Markt zu groß.

Ben Knop: Das ist auch nicht realistisch. Es ist ein wahnsinnig überlaufener Markt. Generell ist das inzwischen bei allem, was mit Bühne, Theater und Gesang zutun hat so. Es wird auch nicht besser, sondern es werden immer mehr Schulen auf, die da auch falsche Bilder zeichnen. Sie machen ihren Schülern Hoffnungen und Illusionen, die am Ende gar nicht real sind. Die Arbeitsbedingungen werden am Ende durch dieses Überangebot auch nicht besser, sodass man sich gut überlegen muss, ob man so sein Geld verdienen will. Man muss es wollen, um es zu schaffen. Man gibt vieles dafür auf. Ich bin nicht jeden Abend zu Hause, um Serien zu schauen oder kann mich darauf verlassen, an einem bestimmten Tag frei zu haben. Im Moment plane ich deshalb von heute zu morgen.

Lena Gronewold: Und du arbeitest, wenn andere frei haben.

Ben Knop: Richtig, wenn dann jemand Geburtstag feiern will, habe ich selten Zeit, weil ich eben auf der Bühne stehe.

 

Lena Gronewold: Hast du persönlich ein Lieblingsmusical und vielleicht auch eine Rolle, die du unbedingt mal spielen möchtest?

Ben Knop: Eigentlich ist das peinlich, aber ich sag es trotzdem. Tatsächlich ist das im Moment bei mir der Alfred in Tanz der Vampire, den würde ich total gerne mal spielen.

Lena Gronewold: Das könnte ich mir bei dir durchaus vorstellen.

Ben Knop: Das könnt ich mir auch vorstellen, bloß die Verantwortlichen wahrscheinlich nicht. Ich war da aber auch noch nie zum Vorsprechen. Ich hab mich nie getraut, eben weil man sich das so wünscht. Ich hab einfach Angst, da enttäuscht zu werden. Das wäre im Moment aber wohl meine größte Wunschrolle. Es gibt viele tolle Stücke. Mein Lieblingsmusical im Moment ist eigentlich Side Show. Ich fand das Stück einfach grandios, als ich es vor Jahren mal in Hildesheim gesehen habe. Unglaublich schön, aber da gibt es leider keine Rolle für mich. Man muss ja auch ein bisschen realistisch bleiben.

 

Ben Knop als Cranach mit dem Luther Ensemble (c) Volker Beinhorn

Lena Gronewold: Aber nur ein bisschen…

Ben Knop: Ich würde auch gern den Krolock spielen, aber da würde man mich wahrscheinlich noch weniger für casten. Das ist eher nicht mein Fach. Da müssten dann plötzlich alle zum Grafen herunterschauen.

 

Lena Gronewold: Was machst du in deiner Freizeit, wenn du nicht auf der Bühne stehst?

Ben Knop: Freizeit?

Lena Gronewold: Du erinnerst dich dunkel, was das ist?

Ben Knop: Im Moment esse ich, schlafe ich und manchmal komme ich zum Einkaufen oder Putzen. Ansonsten gehe wahnsinnig gerne ins Kino und gucke sehr viel fernsehen. Ich liebe Serien. Ich treffe mich aber auch gerne mit Leuten, sber eher so in kleinen Gruppen zum Kochen oder nur zu zweit auf einen Kaffee. Ich mag solche riesigen Gruppen nicht, wo man gar nicht die Möglichkeit hat, mit jemandem zu sprechen. Ich mag es eher ruhiger. Ich würde gerne mehr wegfahren, aber dazu fehlt mir einfach momentan die Zeit. Aber ich will nicht meckern. Ich bin froh, dass ich ein festes Engagement habe. Wer weiß was danach kommt? Vielleicht sitze ich dann ein Jahr zu Hause und würde mir wünschen, viel zu tun zu haben. Es ist immer das, was man nicht hat. Aber zurück zur eigentlichen Frage: Kino, Fernsehen. Ich lasse mich einfach gern berieseln und genieße es, wenn ich mal nicht derjenige bin, der für die Unterhaltung sorgen muss. Ich habe auch große Probleme damit, wenn ich privat ins Theater gehe. Ich kann da nur schwer loslassen und atme quasi immer mit und bin voll dabei. Dass ich da nicht loslassen kann macht mich wahnsinnig.

Lena Gronewold: Eigentlich war es das jetzt schon…

Ben Knop: Was möchte ich denn noch unbedingt erzählen? Vielleicht noch, wo ich als nächstes mitspiele: Peer Gynt hat demnächst Premiere (A.d.R. 25.03.17, Stadttheater Wilhelmshaven) und dort spiele ich dann den Knopfgießer. Und was in Zukunft kommt, das schauen wir mal, aber ich kann schon sagen, dass ich mich wahnsinnig auf das freue, was kommt.