Mark Seibert – The Streaming concert Vol. III

Mark Seibert
(c) Iris Hamann

Was vor einem Jahr noch schier unmöglich erschien, nämlich Konzerte via Internet zu gestalten, hat inzwischen einen festen Platz in der Kulturszene eingenommen. In Zeiten in denen die Theater noch immer geschlossen sind, immerhin eine Möglichkeit, wenn auch nur vor einem virtuellen Publikum aufzutreten und so mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Hier kann man deutlich feststellen, dass aus dem anfänglich vorsichtigen Herantasten an die ungewohnte Technik inzwischen sehr professionelle Aufnahmen oder Live-Übertragungen geworden sind.

Mit “The Streaming Concert unplugged Vol. III“ startet Mark Seibert, wie es dem Titel bereits zu entnehmen ist, in die 3. Runde seiner Online-Konzertreihe. Mit Vol. I und II beschritt Seibert bereits einen erfolgreichen Weg, trotz dem, dass alles „nur digital“ gezeigt werden konnte, sorgte er mit seinen Gästen jeweils eine gute Stunde für musikalische Unterhaltung in den heimischen vier Wänden.

Gab er für Vol. I und II noch die Setlist vor, wird nun für Vol. III das Publikum aktiv in die Gestaltung des Abends eingebunden. Mit „Wünsch Dir was, dann singt Mark das“ klingt der Untertitel zwar ein wenig holprig, aber inhaltlich trifft es den Nagel auf den Kopf. Mit dem Erwerb eines Tickets, bestand die Möglichkeit, sich einen Song zu wünschen, was offensichtlich eine Flut von Vorschlägen hervorbrachte, aus denen Mark, wie er bemerkte, „locker noch ein paar Abende füllen könnte“. „Sowohl überrascht, als auch erfreut“ zeigte er sich über die vielfältigen Ideen der Zuschauer, da sich neben bekannten Musicalmelodien auch Pop- und Rocksongs auf den Wunschlisten fanden. Darum zeigt sich die Setlist sehr abwechslungsreich und bringt auch die eine oder andere Songperle hervor, die man entweder lange nicht oder noch nie von den Darstellern gehört hat.

Mark Seibert
(c) Iris Hamann

Auch auf technischer Seite hat man im KatiELLI-Theater in Datteln, aus dem auch schon Vol. I und II gesendet wurde, aufgerüstet. Die Kameras, nicht nur mengenmäßig erweitert, sondern auch qualitativ verstärkt, halten aus verschiedensten Winkeln das Geschehen auf der Bühne fest. Für die gestochen scharfen und abwechslungsreichen Bilder sorgen Lars Koltermann und Ferdinand Fries. Den Gesamtüberblick behält Thomas Hohler, der hier einmal die Seiten gewechselt hat und nicht selbst als Darsteller vor, sondern vielmehr als Regisseur hinter den Kulissen tätig ist. Eine Aufgabe, die ihm offenbar nicht nur Spaß bereitet, sondern auch liegt.

Doch natürlich steht Mark nicht allein vor den Kameras. Als musikalische Verstärkung setzt er auf den Kollegen Florian Albers, der ihn bereits bei den ersten beiden Konzerten sowohl am Piano begleitet, als auch gesanglich zu den Abenden beigetragen hat. Weiterhin unterstützt Astrid Nägele am Cello das Team, die ebenfalls nicht das erste Mal mit Mark die Bühne teilt. Auch der Gastgeber selbst greift wiederholt zur Gitarre und rundet mit seinem gefühlvollen Spiel das pure Klangerlebnis ab.

Überhaupt sind Balladen das übergreifende Thema des Abends. Der Einstieg mit Elton John’s „Your song“, performt von Mark, weist den Weg zu vielen weiteren , auf das sich das Publikum freuen kann. Mit besonderem Stolz präsentiert er dann auch einen seiner eigenen Songs: „Früher schon“, bei dem er sich gekonnt selbst mit dem Shaker „der eigentlich Thomas Hohler gehört und er somit auch irgendwie mit auf der Bühne steht“, wie er schmunzelnd anmerkt, den Rhythmus vorgibt. Ohne den Shaker kommt „Keine Träne“ aus, ein weiterer eigener Titel von Seibert, der immer wieder zum Nachdenken anregt und „wirklich von den Zuschauern gewünscht wurde und nicht heimlich von mir hereingeschmuggelt wurde“, wie er lachend beteuert. Eine etwas andere Stilrichtung schlägt Seibert mit „Immortal“ aus dem Musical über Edgar Allan Poe ein. Leider wird dieser überhaupt viel zu selten performt, denn gerade bei seiner Version dieses Songs ist Gänsehaut vorprogrammiert. Deshalb ist es auch besonders erfreulich, dass gerade dieser bei den Zuschauern offensichtlich auf der Wunschliste steht. Ein Lied, welches es ebenfalls weniger häufig auf die Setlist eines Konzertes schafft, wird von Florian Albers beigesteuert. Es handelt sich um „Not my fathers son“ aus „Kinky Boots“, bei dem Mark einfühlsam die Backings übernimmt. Dieser Titel könnte fast für Florian geschrieben worden sein, so gut passt er zu seiner Stimme. Doch auch mit „Wenn Rosenblätter fallen…“, welches er im zweiten Teil des Konzertes zum Besten gibt, weiß er davon zu überzeugen, dass gerade diese Art von Song ihm besonders liegt.

Mark Seibert, Jan Ammann
(c) Iris Hamann

Doch nicht nur vor Ort sind die Künstler in den Verlauf des Abends eingebunden, besonders gelungen sind auch die kleinen Einspieler, die an einigen Stellen das Konzert unterbrechen. Darin nutzen die Special Guests die Gelegenheit, sich kurz selbst vorzustellen und ein paar Worte aus ihrer Sicht über das Konzert zu erzählen. Doch glücklicherweise steuern die beiden Gäste nicht nur bildlich ihre Anwesenheit zum Abend bei, sondern unterstützen Mark auch gesanglich. Dabei finden Duette mit ihm genauso ihren Platz wie ihre Solosongs. Die Rede hier ist einmal von einer jungen Nachwuchskünstlerin, Nienke Latten, die – wenn gespielt werden dürfte – aktuell die Rolle der Jasmin in dem Musical Aladdin in Stuttgart verkörpert und weiter keinem geringeren als Jan Ammann, den man – gemessen an seinen vielen unterschiedlichen Shows, die er bereits spielen durfte – schon beinahe als einen „alten Hasen auf den Musical- und Theaterbühnen“ betiteln könnte. Nienke, die erstmalig mit Seibert zusammenarbeitet, merkt man die Nervosität zu Beginn des ersten Songs an, die sie aber mit ihrer charmanten Art gekonnt überspielt. Spätestens bei ihrem Solo „Run to you“ aus Bodyguard, welches sich als ein persönlicher Wunsch Marks herausstellt, lernt man die Vielfalt ihrer Stimme kennen. Ein weiterer Leckerbissen wird den Zuschauern mit der unplugged Version von Ahas „Crying in the rain“ geboten, die Mark, Jan und Florian gemeinsam präsentieren. Im Anschluß daran könnten Zweifel aufkommen, ob diese Version nicht sogar besser ist als das Original. Chapeau meine Herren! Außer den gemeinsam mit Nienke und Mark vorgetragenen Songs, hat Jan Ammann dieses Mal etwas Besonderes im Gepäck. Mit „Memories“ von Elvis Presley hat er sich geschickt genau das Lied ausgesucht, welches seinen klassisch ausgebildeten Bariton besonders zur Geltung bringt und der Originalstimme schon ziemlich nahe kommt.

Mark Seibert, Nienke Latten, Jan Ammann
(c) Iris Hamann

Zwischen den einzelnen musikalischen Vorträgen moderiert Seibert gewohnt souverän und locker die Titel an. Seine ebenfalls anregenden Plaudereien mit den Gästen geben dem Ganzen noch einmal mehr eine besondere Note. Sehr ausgewogen ist auch die musikalische Präsenz der einzelnen Protagonisten. Auch wenn der Gastgeber, wie bei einem Solokonzert nicht anders zu hoffen, erfreulich deutliche Bühnenpräsenz zeigt, wird die Setlist durch die stimmliche Ergänzung von Nienke Latten, Jan Ammann und Florian Albers in den Duetten und deren wenigen, aber klug und durchaus passend eingebundenen Soli, wunderbar ergänzt. So erhält auch Nienke die Möglichkeit, ihren ersten selbst geschriebenen Song vor dem Publikum an den Bildschirmen zu performen.

„Das Beste kommt zum Schluß“. Getreu dem Motto präsentieren die Künstler eines der vielen, ohnehin schon vorhandenen, Highlights des Abends. Gemeint ist, ohne Zweifel, die Interpretation des Nr. 1 Hits „The Wellerman“ von Keith Evens. Der uralte Shanty-Song aus Neuseeland klingt aus den Kehlen von Mark, Jan, Nienke und Florian keineswegs angestaubt, sondern frisch und modern. Eigentlich gebührte auch dieser Variante ein Spitzenplatz in den Hitparaden. Mit dieser virtuellen Zugabe endet dann auch der gefühlt viel zu kurze Ausflug in die Konzertwelt. Gut 2 Stunden haben uns die fantastischen Künstler in diesen merkwürdigen Zeiten den Alltag ein wenig vergessen lassen und die Sehnsucht nach „echten“ Konzerten geschürt; denn auch ein noch so professionell gestalteter Stream kann einen realen Besuch im Theater oder Konzertsaal nicht ersetzen. Doch bis es endlich wieder so weit ist, dass Protagonisten und Publikum nicht mehr durch Bildschirme getrennt sein müssen, hoffen wir auf Vol. IV. Material dazu, das haben wir erfahren, ist ja noch genügend vorhanden…