Das Phantom der Oper ist sicherlich das erfolgreichste Musical aller Zeiten. In den mittlerweile 30 Jahren, in denen es überall auf der Welt gespielt wird, hat es viele Millionen Besucher in seinen Bann gezogen.
Dabei ist es, auf das Wesentliche reduziert, eine Liebesgeschichte, umgeben von Leidenschaft, Eifersucht, Mystik und nicht zuletzt der wundervollen Musik von Andrew Lloyd Webber und den ins Deutsche übersetzten Texten von Michael Kunze.
Als das Buch „Das Phantom der Oper“ des Franzosen Gaston Leroux 1911 erschien, konnte noch niemand wissen, dass es viele Jahre später als Musical solche Erfolge feiern würde.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1919 in Paris mit einer Auktion von alten Requisiten, die in den Kellergewölben der Oper gefunden wurden. Unter den Requisiten befindet sich die Figur eines Äffchens, das die Zimbeln schlägt. Der inzwischen alt gewordene Raoul ersteigert das Äffchen, weil er glaubt, dass Christine ihm davon erzählt hat.
Rückblickend in das Jahr 1870 wird im Theater für die Oper „Hannibal“ geprobt. Die Auftritte der Primadonna Carlotta werden durch unheimliche Ereignisse, wie unerklärbare „Unfälle“, gestört. Christine soll ihre Rolle übernehmen, nachdem Carlotta sich weigert weiterzuspielen. Raoul entdeckt sie bei der Probe und erinnert sich an seine Kindheit, aus der er Christine noch kennt.
Das Phantom beobachtet die beiden. Niemand weiß, dass es in den Kellergewölben der Oper lebt und sich in Christine verliebt hat. Nach dem Wiedersehen zwischen Raoul und Christine in ihrer Garderobe, entführt das Phantom Christine in sein Reich unterhalb der Oper. Dort nutzt Christine, nachdem er ihr seine Liebe gestanden hat, eine Gelegenheit, ihm die Maske vom Gesicht zu reißen. Zornig und traurig zugleich darüber, reagiert Christine eher mit Mitgefühl als mit Abscheu.
Zurück im Theater werden sich von den Theaterleuten Schauergeschichten über das Phantom erzählt. Bis es mit Christine erscheint, hat es niemand jemals gesehen. Die Forderungen, die das Phantom nun stellt, wie man „sein“ Theater zu führen hat, werden nicht alle ernst genommen. So zum Beispiel soll Christine weiterhin die Hauptrolle übernehmen, was zunächst nicht der Fall ist. Das Phantom droht mit heftigen Konsequenzen, die es mit weiteren „Unfällen“ unterstreicht.
Ein halbes Jahr später haben sich Raoul und Christine heimlich verlobt, was dem Phantom überhaupt nicht gefällt, als es davon erfährt. Es möchte nun, dass die von ihm komponierte Oper aufgeführt wird. Die Theaterleute wollen die Gelegenheit nutzen, das Phantom unschädlich zu machen, was ihnen nicht gelingt.
Christine versucht auf dem Friedhof, Trost und Hilfe am Grab ihres Vaters zu finden und wird dabei vom Phantom beobachtet. Es versucht, sie in seinen Bann zu ziehen, was Raoul, der ihr gefolgt ist, zu verhindern weiß.
Bei der Aufführung der Oper schafft es Christine dem Phantom, für alle sichtbar, die Maske vom Gesicht zu reißen, worauf er sie wieder in die Katakomben der Oper entführt. Raoul folgt ihnen und wird vom Phantom gefangen genommen. Es droht ihn umzubringen, aber Christine rettet ihn, indem sie das Phantom küsst. Es lässt die beiden gehen.
Die Inszenierung in Oberhausen unterscheidet sich nicht wesentlich von der die bis 2015 in Hamburg gezeigt wurde. Lediglich das Bühnenbild wurde geringfügig abgeändert, was aber in keinster Weise ins Gewicht fällt.
David Arnsperger, der im Metronom Theater seit März 2016 die Hauptrolle übernahm, hatte diese Rolle bereits in Hamburg von 2013 bis 2015 als alternierendes Phantom inne. Sein Phantom zeigt die komplette Bandbreite der Gefühle und wechselt von einer Sekunde auf die andere von verliebt auf rasend vor Eifersucht (Phantom der Oper), von weich, fast schon verletzlich (Musik der Nacht) zu zornig und traurig zugleich (Schlimmer als ein Alptraum). Diese Übergänge gelingen ihm mühelos und gleichen die an manchen Stellen zu opernhaften Passagen von Daniela Braun aus. Auch schauspielerisch nimmt man ihm die seelisch zerrissene Rolle des Phantoms problemlos ab.
Wenige Tage später, in der Matinée-Vorstellung am 15.05. konnten wir dann Nicky Wuchinger, den man wenige Monate zuvor bereits als Raoul in Hamburg erleben konnte, in der Rolle des Phantoms sehen. Er spielt, vor allem mit diesem Hintergrund, ein sehr beeindruckendes Phantom, dem man jede Gefühlsregung, jedes wütende Zucken und seine tiefe Zuneigung zu Christine, bereitwillig abkauft.
Daniela Braun spielte ebenfalls bereits in Hamburg als Swing und als Zweitbesetzung der Christine in der Neuen Flora. In Oberhausen übernahm sie nun die Erstbesetzung der weiblichen Hauptrolle. Stimmlich, besonders beim „Phantom der Oper“ glasklar bis in die letzten hohen Töne, ist es eine Freude ihr zuzuhören. In diesem Bereich liegen ganz eindeutig ihre Stärken, während an anderer Stelle sicher etwas mehr Ausdruck wünschenswert gewesen wäre. Nichtsdestotrotz ist sie in der Rolle gut besetzt. In der Vorstellung, in der wir Nicky Wuchinger als Phantom bewundern durften, konnten wir uns dann auch von Elizabeth Welch als Christine überzeugen. Während sie gesanglich mit Leichtigkeit die hohen Töne erreicht und die Titelnummer mit einer bemerkenswert glasklaren Stimme zu einem wahren Highlight macht, hinkt sie ein wenig in den – zugegeben wenigen – Sprechpassagen dank ihres doch recht starken Akzents, der beim Gesang kurioserweise kein einziges Mal auffällt.
Auch Max Niemeyer, in der Rolle des Raoul (und Cover Phantom), spielte bereits in der Hamburger Produktion. Dort noch als Swing eingesetzt, kann er in Oberhausen nun eine noch größere Bandbreite seines Könnens präsentieren. Niemeyer punktet mit einer klaren, kräftigen Stimme, die den Zuschauer keinen Moment zweifeln lässt, dass er durchaus auch die Rolle des Phantoms voll ausfüllt. Am Pfingstsonntag erlebten wir ihn ebenso in dieser Rolle, in der er voll und ganz aufzugehen scheint.
Dabei ist es an dem Abend unseres Besuches, sowie am Pfingstsonntag, sicherlich für keinen der Mitwirkenden einfach, die Akustik dem (leider) nur halbvollen Saal anzupassen. Das gelingt jedoch relativ mühelos, was beim großen Schlussapplaus mit Standing Ovations belohnt wird.
Alles in Allem, wie man es eigentlich gerade von so einer Produktion erwartet, ist das Phantom auch in Oberhausen ein gut inszeniertes Stück, das trotz, dass jeder interessierte Musicalbesucher es wahrscheinlich mindestens schon ein Mal gesehen hat, immer wieder frisch bleibt, auch nach 30 Jahren…
In Oberhausen ist es noch bis September 2016 zu sehen.