‚Over the rainbow‘ – Mark Seibert löst in Frankfurt Stürme der Begeisterung aus

Mark Seibert
(c) Iris Hamann

Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, da lud Dirigent und Chorleiter Damian H. Siegmund in die Schlosskirche in Bad Homburg ein. Gemeinsam mit den Männern und Frauen des Chores ‚Voice Affair‘, dem Salon Tanz Orchester der Oper Frankfurt und dem aus dem Kurort stammenden Musicalstar Mark Seibert bereiteten sie dem Publikum an zwei aufeinander folgenden Abenden ein unvergessliches Musikerlebnis. Und auch in diesem Jahr durften sich Musicalfans auf ein Revival dieses wunderbaren Projektes freuen.

In diesem Jahr nun ist Siegmund mit dem Frauenchor des Polizeichors Frankfurt, den er seit dem Jahr 2000 leitet, nicht in der beschaulichen Umgebung der Schlosskirche, sondern im altehrwürdigen Sendesaal des Hessischen Rundfunks zu Gast. Die Räumlichkeit ist ein vielseitig verwendbarer Konzertsaal mit bis zu 850 Sitzplätzen. Der im Nordosten Frankfurts gelegene Saal gehört seit Anfang der 50er Jahre zum Gebäudekomplex des Hessischen Rundfunks. Auch wenn er in den vergangenen Jahren einige Modernisierungen, insbesondere was die Technik anbelangt, erfahren durfte, ist es gelungen, den außergewöhnlichen Charakter zu erhalten. Hier kann das Publikum, dank der computergesteuerten Bühne, mit der die Bühnenlandschaft binnen weniger Minuten umgebaut werden kann, Orchesterwerke und bis zu hundertköpfige Chöre erleben. Besondere Unterstützung erfahren die Mitglieder des Chores, der aus über 77 aktiven Sängerinnen aller Altersgruppen besteht, wie seinerzeit auch in Bad Homburg, durch Mark Seibert, der sich hier einmal von einer anderen musikalischen Seite zeigen darf.

Frauenchor des Polizeichors Frankfurt
(c) Iris Hamann

Die Damen des Frauenchors des Polizeichores stehen wider Erwarten größtenteils gar nicht im Dienst der Polizei, sondern sind in völlig anderen Branchen tätig. Regelmäßige Auftritte im In- und Ausland stehen bei ihnen genauso auf dem Programm, wie die Mitwirkung bei öffentlichen Veranstaltungen, wo der Chor sein großes Repertoire darbietet. Wenngleich die Chor-Damen aufgrund dessen inzwischen über einige Bühnenerfahrung verfügen, ist auch für sie dieser Abend etwas Außergewöhnliches. Schließlich ist es auch für sie nicht alltäglich mit einem der bekanntesten Musical-Darsteller gemeinsam auf der Bühne zu stehen.

Dem Zuschauer wird gleich beim Eintreffen klar, dass Veranstalter Siegmund gut daran getan hat, einen größeren Saal als vor zwei Jahren zu wählen, denn nicht nur der Frauenchor ist personell stärker vertreten als seinerzeit ‚Voice Affair‘, sondern auch das Publikum ist noch zahlreicher erschienen. Zwar ist das Konzert nicht ganz ausverkauft, jedoch sehr gut besucht. Schon weit im Vorfeld stehen die Gäste Schlange, um einen der begehrten vorderen Plätze bei der freien Platzwahl zu ergattern. Dabei ist die Sicht auch weiter hinten, dank gleichmäßiger Abstufungen, durchaus als hervorragend zu bezeichnen. Die Bühne ist ebenerdig und kann über die gesamte Breite des Saals genutzt werden, was bei der Chorstärke ein gravierender Vorteil ist. Das Salon Tanz Orchester, das mittig auf der Bühne Platz findet, wird großzügig vom Chor eingerahmt. Siegmund, der den Gesamtüberblick als Dirigent und Leiter des Chores an dem Abend behalten muss, findet sich auf einem kleinen Podest vor der ganzen Szenerie ein. Trotz der Breite der Bühne ist eine großzügige Personenverteilung nicht möglich. Solist Mark Seibert findet sich neben Orchester und Chor in einem Wald von Notenständern wieder, der ihm wenig Möglichkeiten bietet, zwischendurch seinen Standort zu ändern und sich so auch der anderen Seite des Saales zu widmen. Aufgrund der Menge an Personen auf der Bühne droht er kurzzeitig sogar in der Menge zu verschwinden. Die Akustik insgesamt ist der eines Sendesaals absolut würdig und lässt kaum einen Wunsch offen. Die Erwartungen, die gerade an einen solchen Raum gestellt werden, sind mit Leichtigkeit zu erfüllen. Der Ton in den vorderen Reihen ist ebenso gut wie in den weiter hinten gelegenen.

Simon Backhaus, Damian H. Siegmund, Jens Bischof, Mitglieder des Damenchors des Polizeichors Frankfurt
(c) Iris Hamann

Der Titel des Konzertes „Over the rainbow“ ist hier in vielen Facetten mehr als zutreffend. Bunt wie ein Regenbogen ist das, was die engagierten Damen und Herren auf der Bühne darbieten. Von Klassik über Swing, Jazz bis hin zum Pop ist musikalisch alles vertreten. Das Salon Tanz Orchester der Oper Frankfurt, das sind namentlich die Herren Hartmut Krause (Violine), Bertold Breig (Flügel), Jens Bischof (Klarinette) und Simon Backhaus, (Kontrabass) zeigen eindrucksvoll, dass sie weitaus mehr können als sich auf eine Stilrichtung festzulegen. Jeder einzelne Ton spiegelt die Begeisterung wider, mit der die vier Musiker ihren Beruf ausüben. Ganz gleich ob es nun Stücke sind, die sie mit gesanglicher Begleitung von Chor oder Solist Mark Seibert dem Zuschauer vorstellen – ihnen zuzuhören ist in jedem Fall ein Hochgenuss. Hier sei besonders das gespielte „Czardasz“ des italienischen Komponisten Vittori Monti hervorgehoben, das so leidenschaftlich an den Zuschauer herangetragen wird, dass das Ende viel zu schnell eintritt.

Hartmut Krause, Mark Seibert
(c) Iris Hamann

Ein Feuerwerk ist nicht nur die musikalische, sondern auch die optische Bandbreite. Der bei diesem Konzert aus gut siebzig Sängerinnen bestehende Chor setzt das Thema des Abends auf ihre ganz eigene passende Art und Weise um. Bunte Tücher, vertreten in allen Farben des Regenbogens, unterbrechen die sonst einheitlich in schwarz gehaltene Kleidung der Damen. Um den roten Faden, der sich geschickt durch den gesamten Abend zieht weiterzuspinnen, startet das Programm mit „Over the rainbow“, dem Titelsong, den Chor und Orchester gemeinsam bestreiten. Für diesen besonderen Abend konnte Siegmund es auch ermöglichen, den im März 2018 eigentlich in den Ruhestand verabschiedeten Journalisten, Holger Weinert, der zuletzt die Hessenschau im hr moderierte, ins Rampenlicht zurückzuholen. In seiner bekannt souveränen Art leitet er, nicht ohne den einen oder anderen lockeren Witz einzustreuen, gekonnt durch das Programm.

Schon bei seinem Weihnachtskonzert im letzten Jahr konnte man sich davon überzeugen, dass Mark Seibert weitaus mehr kann als „nur Musical“. Gerade wagt er sich in den Bereich Swing vor, der ihm ausgesprochen gut steht. Mit „Ain’t that a kick in the head“, das seinerzeit auch schon Dean Martin zum Besten gab, schlägt er durchaus Töne an, die man sonst nicht von ihm gewohnt ist. Eindrucksvoll bleibt er an diesem Abend diesem Weg treu. Highlight des Abends sind allerdings ohne Zweifel sein „Strangers in the night“ und „My way“, wozu Moderator Weinert treffend anmerkt, dass man „Sinatra nicht einfach kopieren kann, sondern eigens interpretieren muss“. Wie Recht er damit hat, wird schon bei den ersten von Seibert gesungenen Zeilen von „My way“ klar. Er hat es überhaupt nicht nötig, irgendwen zu kopieren. Seine Interpretation ist mindestens so gut wie das Original und löst einmal mehr das Gefühl der Gänsehaut aus. Wie gelungen seine Darbietung ist, zeigt auch das Publikum mit einem wohlverdienten frenetischen Applaus.

Damian H. Siegmund, Hartmut Krause, Jens Bischof, Simon Backhaus
(c) Iris Hamann

Die für den Chor ausgesuchten Songs, eher aus dem Rock/Pop Bereich stammend, nehmen den Zuschauer mit auf eine Reise quer durch die verschiedenen Jahrzehnte und bilden ein gekonntes Kontrastprogramm. Gewollt und auch durchaus stimmig, fügen sie sich in das Gesamtkonzept ein und bieten eine durchaus neue Sichtweise auf bekannte Melodien wie ein Abba-Medley, „Locomotion“ von Kylie Minogue oder auch „On the sunny side of the street“ von den Beach Boys. Es ist eine Freude zu sehen, mit wie viel Enthusiasmus und Engagement die Chor-Damen bei der Sache sind, auch wenn man sich an der einen oder anderen Stelle, bedingt durch die Vielzahl der Sängerinnen, etwas mehr Stimmvolumen gewünscht hätte. Die Zeit vergeht wie im Flug und viel zu schnell endet das, gefühlt viel zu kurze, Programm. Alles in allem darf man hier von einem absolut runden Abend sprechen, bei dem alles gestimmt hat. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Publikum mit Standing Ovations noch Zugaben fordert, dem alle Beteiligten gerne nachgeben. Bleibt allen Mitwirkenden nur noch zu sagen: „Thank you for the music“ und die Hoffnung auf eine baldige Wiederholung.