Unzählige Konzerte hat Mark Seibert in seiner bisherigen Laufbahn schon gegeben. Wohnzimmerkonzerte im ganz kleinen Rahmen – mit gerade einmal knapp vierzig Zuschauern, ohne Technik, ganz puristisch nur mit Stimme und Flügelbegleitung – sind genauso darunter, wie Galas bei denen er zu Gast gewesen ist, dort unterstützt von einem über 60-köpfigen Orchester, mit welchen er die ganz großen Häuser füllte. „Er sei im Musical zu Hause“, wie er selbst unlängst angab, „und dahingehend ist auch die Erwartungshaltung des Publikums“, wenn er einmal außerhalb einer Rolle, rein gesanglich, auf der Bühne steht. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, bei seinen Solo-Konzerten immer mal wieder über den Tellerrand hinaus zu blicken und sein Programm mit dem einen oder anderen Pop-Song zu spicken.
Nachdem er „kürzlich seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag, zugegebenermaßen schon zum wiederholten Male“, feiern konnte, wie er augenzwinkernd bei einem seiner letzten Auftritte feststellte, wollte er aus dieser Enge „wenngleich sie ihm auch sehr viel Spaß bereite“ , einmal ausbrechen. Er mag eben nicht nur Musical, sondern auch einmal anders. So entstand genau das: eine neue Konzertreihe mit dem etwas ungewöhnlichen Titel: Mark / Mag mal anders.
Die erste Bestätigung, dass er damit den richtigen Weg eingeschlagen hat, ließ nicht lange auf sich warten. Binnen kürzester Zeit nach dem Vorverkaufsstart waren die Tickets für die Tour, die an sechs Abenden in fünf unterschiedlichen Städten stattfinden soll, weitestgehend ausverkauft. Den selbstauferlegten Druck, mit völlig anderen Songs an den Start zu gehen, mindert diese, wenn natürlich auch erfreuliche Tatsache, sicherlich nicht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Seibert bei der Premiere in Ottobrunn bei München unumwunden zugibt, dass er „ganz schön nervös“ ist, was man angesichts gekonnter Moderation seinerseits und einem perfekt durchgeplanten Programm jedoch kaum glauben mag. Charmant gibt er zwischen den Songs, kleine Anekdoten zum besten, die den Zuschauern auch einen wohldosierten Blick in das Backstage-Geschehen gewähren und ihnen immer wieder ein Schmunzeln entlocken.
Selbstverständlich ist Mark Seibert auch nicht allein angereist. Mit geballter Frauenpower unterstützen ihn Roberta Valentini und Sabrina Auer tatkräftig. Während Valentini ihm auch als Elisabeth im gleichnamigen Musical schon zur Seite stand, war Auer als Sarah unter anderem neben Jan Ammann im Tanz der Vampire zu sehen. Bei Konzerten ist Roberta nach wie vor ein gern gesehener Gast; Sabrina gab ihr Debüt neben Mark bei den vergangenen Weihnachtskonzerten. Neben der weiblichen Verstärkung ist auch Vollblutmusiker Frank Nimsgern mit seiner Band am Start. Er zeichnet sich einmal mehr für die musikalischen Arrangements des Abends verantwortlich. Die Zusammenarbeit zwischen Seibert und ihm ist längst kein Neuland mehr. Mit der Produktion von Seiberts letzter CD „So far“ hat sie bereits äußerst erfolgreiche Früchte getragen und kann hier erfolgreich weitergeführt werden.
Auch optisch mag Mark es heute einmal anders. Der sonst oftmals bei derartigen Veranstaltungen zum Einsatz kommende schwarze Anzug, darf bei diesem Format legeren Jeans, T-Shirt, Jackett und Turnschuhen weichen. Dazu passend schwören die beiden Damen ebenfalls den Abendkleidern ab und zeigen sich wie Roberta mit stylischen Ledershorts und langem Jackett oder bauchfrei wie Sabrina, von ihrer nicht alltäglichen, deshalb jedoch nicht weniger schicken, Seite.
Von der heute etwas anderen Art des Programms kann sich das Auditorium gleich von Anfang an selbst überzeugen. Mit dem Einstiegssong „Conviction of the heart“ von Kenny Loggins, zeigt Seibert schon von Beginn die Richtung des Abends an. Allerdings nicht geradeaus, sondern auf vielen verschlungenen Wegen, zwischen Up-Tempo-Songs und einfühlsamen Balladen, Musical-, Pop- und Filmsongs hin und her pendelnd, beweist er genau das richtige Maß, um den Abend abwechslungsreich zu gestalten. Seinen Gästen lässt er dabei genügend Raum für Präsentationen, ohne sie zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Neben dem hochemotional von Roberta Valentini performten „Du“ aus dem Musical „Ghost“ und dem fetzigen „What about us“ von P!nk, den Sabrina für ihr Solo ausgewählt hat, darf auch das Duett „It’s all coming back to me now“ von Jim Steinman aus „Bat out of hell“ von beiden gemeinsam auf die Bühne gebracht, nicht unerwähnt bleiben. Damit liefern die Damen ein weiteres Highlight des Abends und machen Lust auf mehr solcher Songs.
Wenngleich Mark Seibert mit vielen Stücken die ausgetretenen Pfade verlässt, kommt er nicht ganz ohne die berühmten Klassiker aus. Doch auch diesen verleihen die Arragements von Frank Nimsgern eine neue Frische und wirken zu keiner Zeit angestaubt. So kommen ein paar bekannte Melodien aus „Elisabeth“ einfach einmal als Medley daher. Der allgemein etwas rockigere Sound steht dem Konzept gut zu Gesicht und hebt sich damit deutlich von den sonst oft vorhersehbar ablaufenden Musical-Konzerten ab. Ein wenig störend ist die anfänglich nicht zu überhörende Übersteuerung, die der „von Hans Zimmer ausgeliehene Tontechniker“, wie Mark nicht ohne Stolz erzählt, jedoch relativ zügig in den Griff bekommt.
Den Beweis dafür liefert kurz vor Ende des ersten Aktes Frank Nimsgern, der, eingerahmt von Stutzflügel und zahlreichen Gitarren seine „Rache an Bach“ ausleben darf. „Er habe beim Klavierunterricht immer J.S. Bach spielen müssen und selten die Noten so wiedergegeben wie sie dort standen. Aus diesem Grund sei er dann Komponist geworden und in Gedenken daran ist seine Rache an Bach entstanden“, erklärt er die Geburt dieses Instrumentaltitels. Die gekonnte Zusammenführung von Bachs „Ave Maria“ und „Prélude“, gespickt mit eigenen Arrangements, kommen derart fetzig daher, dass es beinahe in Vergessenheit gerät, dass man sich in einem kleinen Theater mit knapp 500, anstatt vor einer Open-Air-Bühne mit 10.000 Zuschauern befindet. Mit verdienten Standing Ovations für seine „Unstillbare Gier“, die „Hymne“ aus dem Kultmusical „Tanz der Vampire“, die Ur-Graf Steve Barton zu seiner Zeit kaum besser hätte auf die Bühne bringen können, beendet Seibert den 1. Akt.
Der im 1. Akt sich bereits herauskristallisierende rote Faden findet sich gleichfalls im 2. Akt wieder und knüpft nahtlos daran an. Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt allerdings nicht. Das unweigerlich zum Mitwippen und -klatschen einladende „Footloose“ aus dem gleichnamigen Film, bei dem Seibert unter Begeisterung der größtenteils weiblichen Anwesenden auch einmal die Hüften kreisen lässt, treibt das Stimmungsbarometer gleich wieder in den oberen Bereich. Ein ganz besonderer Leckerbissen erwartet die Zuschauer jedoch in ganz anderer Form.
Bereits im Vorfeld hat Mark die Chance genutzt, gemeinsam mit Florian Cojocaru und Martin Kromar, vom Wiener Label Echopilot. erstmalig eigene Songs aufzunehmen und damit seiner Kreativität freien Lauf zu lassen.. Auch wenn die drei Jungs die Texte mit der Hilfe von ein „paar Bierchen“, wie Mark lachend zugibt, geschrieben haben, benötigt man diese keinesfalls, um dem daraus entstandenen Ergebnis zu lauschen. Vier Stücke, die allesamt bereits dabei sind, die Charts heraufzuklettern, performt er nun erstmals live und streut sie wohldosiert in das Programm des Abends. Die beiden eingängigen Balladen „Früher schon“ und „Dass es uns nicht mehr gibt“ werden vom Publikum mit großem Applaus honoriert. Ebenso findet „Weil’s dich nur einmal gibt“, dessen leichter Country-Charakter ausgesprochen gut zu Seiberts Stimme passt, den Weg sich als Ohrwurm im Gehör festzusetzen.
Doch lange Zeit zum Schwelgen in Gefühlen bleibt auch hier nicht. Mit dem Hit „From now on“ aus „The greatest Showman“ nimmt der Abend noch einmal so richtig Fahrt auf und hält auch den letzten Besucher nicht mehr auf seinem Sitz. Gerade noch in Partystimmung versetzt, möchten die Anwesenden nun mehr davon, was den Wunsch nach einer Zugabe laut werden lässt und worum sich der Gastgeber nicht lange bitten lässt. Mit „Can’t you see the light“ aus der Feder von Frank Nimsgern, der alle Bestreiter des Abends nochmals auf die Bühne holt, kündigt sich nun doch das Ende der Show an.
Doch Seibert legt noch einen drauf: „Einen allerletzten Song für den Nachhauseweg“ gibt er an. Mit „Keine Träne“, dem vierten seiner bisher erschienenen eigenen Songs, versteht er es meisterhaft, eine Brücke zwischen überschwappender Partylaune, die eben noch geherrscht hat, zu gefühlvoller Ballade zu bauen und dabei problemlos die im Saal anwesenden mitzunehmen. Mit dieser Melodie im Ohr; begleitet von den Klängen und Stimmen, die alle durch die kurzweiligen Stunden begleitet haben, streben alle letztendlich doch dem Ausgang zu.
Ein rundum gelungenes Konzert. Emotional, erfrischend, ehrlich. Ein Konzert von dem man kaum das es geendet hat, gleich noch mehr möchte. Zum Glück für alle, die noch möchten oder noch mal möchten, gibt es in Bucholz, Wien und Dortmund noch eine Chance.