Review – Die größten Musicalhits aller Zeiten! Tour 2019

Sabrina Weckerlin, Jan Ammann, Roberta Valentini
(c) Iris Hamann

Reisen bildet, es erweitert den Horizont und oft lernt man auf einer Reise eine Vielzahl neuer Menschen oder Dinge kennen, die einem lange im Gedächtnis bleiben und unweigerlich mit dem Gefühl verbunden bleiben, welches sie bei der ersten Begegnung hervorgerufen haben. Auf eine (musikalische) Reise der besonderen Art haben fünf der größten und bekanntesten Musicalstars im deutschsprachigen Raum zahlreiche Fans mitgenommen, „Die größten Musicalhits aller Zeiten“ neu zu entdecken und zu erleben. Kreuz und quer durch Deutschland von Frankfurt, wo die Premiere sehr stilvoll in der Alten Oper stattfand, über vierzehn weitere Städte bis hin nach Wien wo die Tour mit seinem fünfzehnten Konzert schließlich seinen Abschluss fand.

Roberta Valentini, Alexander Klaws
(c) Iris Hamann

Mit diesem Konzertformat ist es Andreas Luketa von Sound of Music Concerts, der sich einmal mehr gekonnt für die Idee und die Umsetzung des Konzeptes verantwortlich zeigte, und Semmel Concerts erneut bravourös gelungen, fünf hochkarätige Künstler gemeinsam auf eine Bühne zu holen: Jan Ammann, Alexander Klaws, Mark Seibert, Roberta Valentini und Sabrina Weckerlin – Jeder einzelne Protagonist allein füllt mühelos Theater- und Konzerthallen – als Gesamtpaket dürfte es schwer werden in diesem Bereich etwas Vergleichbares zu finden. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an alle Beteiligten, die nicht nur erfüllt, sondern noch übertroffen wurden.

Das Bühnenbild, war durchaus gefällig und modern, lenkte jedoch trotzdem keinen Moment von den großartigen Stimmen auf der Bühne ab. Die langen, goldenen Stoffbahnen, die von Lichttechniker Matthias Vierjahn künstlerisch in verschiedenen Farben angestrahlt wurden, gepaart mit leichtem Bühnennebel, verliehen der Gala den passenden Rahmen. Die vereinzelt aufgehängten Dekoelemente ließen dem Zuschauer Raum seine Fantasie spielen zu lassen. Fast konnte man meinen, dass futuristische Schirme oder Parabolantennen den ohnehin glasklaren Sound der siebenköpfigen Band um den musikalischen Leiter Mario Stork noch stärker hervorhoben und so zu einem Klangerlebnis der besonderen Art werden ließen.

Einer Gala würdig betraten auch die fünf Solisten, die Herren in schwarzen Anzügen und die Damen in eleganten Abendkleidern, die Bühne und sorgten gemeinsam mit dem Song „Ich war noch niemals in New York“ aus dem gleichnamigen Musical von Udo Jürgens schon mit dem Opening für Stimmung im Publikum. Eher gefühlvoll ging es weiter. Roberta Valentini und Alexander Klaws, die sich stimmlich wunderbar ergänzten, entführten die Zuschauer zunächst in die Welt von Molly und Sam aus dem Musical „Ghost“. Performte Klaws einen der bekanntesten Songs, „Unchained Melody“, zunächst allein, beendeten die beiden die wunderbare Melodie gemeinsam. Das erste Highlight des Abends bescherte den Zuschauern allerdings Roberta Valentini mit ihrer ausdrucksstarken Interpretation von „Du“. Wieder einmal konnte sie damit zeigen, mit welch großartiger Stimme sie gesegnet ist.

Sabrina Weckerlin
(c) Iris Hamann

Der darauf folgende Block mit Songs aus diversen Disney Musicals durfte an einem solchen Abend selbstverständlich auch keinesfalls fehlen, stellte Sabrina Weckerlin fest, die sich an dieser Stelle als großer Fan zu erkennen gab. Auf ihr persönliches Lieblingslied „Lass jetzt los“ aus „Die Eiskönigin“ musste sie allerdings noch etwas warten, denn wenn man mit Alexander Klaws und ihr schon einmal einen Tarzan und eine Kala aus dem Musical „Tarzan“ gleichzeitig auf der Bühne hatte, wurde dieser Moment auch genutzt. Mit „Zwei Welten, eine Familie“ und „Dir gehört mein Herz“ ließen sie den Dschungel, der zuletzt im Oberhausener Metronom Theater zu Hause war, noch einmal aufleben.

Welche Hits nun im Einzelnen unsterblich waren oder sind, wie der nächste Block angekündigt wurde, ist schwer zu auszumachen, gibt es davon sicherlich deutlich mehr als nur die hier vorgestellten. Einer gehört jedoch definitiv dazu: „Das Phantom der Oper“ – selten hat man auch eine so ausdrucksstarke Version wie die von Roberta Valentini und Jan Ammann gehört. Man kann kaum glauben, dass beide in diesen Rollen noch nie zu sehen waren. Der warme und gleichzeitig sehr kraftvolle Bariton von Jan ergänzte sich wunderbar mit der glasklaren Stimme von Roberta, die es scheinbar mühelos sogar bis in die letzten Höhen schaffte. Dieses Duett wurde vom Publikum verdient mit frenetischem Applaus bedacht.

Mit den Katakomben der Pariser Oper, in denen das Phantom hauste, hatte ‚Sisi‘, die Kaiserin von Österreich, sicherlich nicht viel zu tun. Sie residierte eher unter anderem in den glanzvollen Räumlichkeiten des Schlosses Schönbrunn in Wien. Das Meisterstück, das Michael Kunze und Silvester Levay über ihr Leben und Wirken schrieben, ist jedoch aus der Musical-Welt nicht mehr wegzudenken. Elisabeth, eine Frau genauso geheimnisvoll wie der Tod, den Mark Seibert hunderte Male in diversen Theater- und Tour-Produktionen bereits verkörperte, wurde hier von Roberta Valentini eindrucksvoll in Szene gesetzt. Gemeinsam mit Seibert schaffte sie es ohne Schwierigkeiten, das Publikum binnen Sekunden in ihren Bann zu ziehen. Zugute kam beiden dabei sicherlich auch, dass sie bereits viele Male in diesen Rollen gemeinsam auf der Bühne gestanden haben und somit das Zusammenspiel und die Stimmen noch harmonischer wirken ließen.

Mark Seibert
(c) Iris Hamann

Doch auch wenn mit „Elisabeth“ schon ein Meilenstein gesetzt wurde – Was wären „Die größten Musical Hits aller Zeiten“ ohne das ewig junge „Tanz der Vampire“? In diesem Fall Alexander Klaws als Alfred, der einmal mehr seinen verschollenen Professor suchte, um sofort danach Sarah seine Liebe zu gestehen; sowie Jan Ammann und Mark Seibert, die bereits beide das Vergnügen hatten den ruhelose Grafen von Krolock, der Sarah ebenfalls begehrte und dafür seinerseits sprichwörtlich über Leichen ging, zum Leben zu erwecken. „Gott ist tot“ performten die beiden darum auch gemeinsam und lieferten sich dabei ein kleines Gesangs-Duell, dessen endgültiger Sieger jedoch nicht auszumachen war. Unbestritten sind beide stimmlich eine Klasse für sich. Ein weiterer, besonderer Leckerbissen für alle Fans war, jedoch ohne Zweifel, die „Totale Finsternis“ dargeboten als Quartett mit zwei Krolocks und zwei Sarahs, die dem Song noch einmal einen ganz neuen, erfrischenden Touch verliehen. Den Kurs beibehaltend, steuerten Ammann und Seibert sogleich mit „Die unstillbare Gier“ den nächsten Höhepunkt an. Abwechselnd boten die beiden dieses Stück dar und schienen sich bei jeder Zeile gegenseitig zu weiteren Höchstleistungen anzuspornen. Fast hätte man annehmen können, dass die beiden den Song eher gegen- als miteinander singen würden und dabei jeder versuchte dem anderen einen emotionalen Schritt voraus zu sein, was dem fantastischen gemeinsam Klang jedoch keinesfalls schmälert.

Mark Seibert, Sabrina Weckerlin
(c) Iris Hamann

Im Gegensatz zu den Blutsaugern aus Transsylvanien ist das Musical „Die Päpstin“, das, wie von Alexander Klaws angekündigt wurde, eines der erfolgreichsten der letzten Jahre war, jedoch schon 2011 seine Premiere feierte, mit seinen Songs noch nicht ganz so lange dabei. Für Sabrina Weckerlin, die die Rolle der Päpstin mit kreieren durfte und sie auch in diesem Sommer in Fulda übernimmt, entwickelt sich die „Johanna“ zur Rolle ihres Lebens; wenn sie es nicht sogar schon ist. Inzwischen haben einige Darstellerinnen versucht in ihre Fußstapfen zu treten, zugegeben sicher auch mit gewissem Erfolg, jedoch an ihrer Vorlage vorbei zu kommen, ist allerdings bisher noch niemandem so wirklich gelungen. Dies unterstreicht sie auch noch einmal in dem sie mit „Das bin ich“ den einen oder anderen Zuschauer dazu bringt nach einem Taschentuch zu kramen. Zwischen den Darstellern des Gerolds hätte sie theoretisch die Qual der Wahl gehabt – waren doch gleich mehrere Herren anwesend, die die Rolle bereits gespielt haben und somit in Frage gekommen wären. Jan Ammann, der aktuell in dieser Rolle wiederholt in Füssen zu sehen ist, übernahm den Part mit Bravour. Leidenschaftlich nahm er die Zuschauer mit in die Welt besagter Päpstin, wobei es dann niemanden wunderte, dass nicht nur Sabrina dabei „Wehrlos“ war..

Dennis Henschel
(c) Iris Hamann

Gefühlt viel zu schnell kündigte Jan Ammann mit „Hinterm Horizont“ in bester Udo-Lindenberg-Manier den letzten Block an und versprach dabei noch einmal richtig Partystimmung, die bei Alexander Klaws „Eye of the tiger“ aus „Rocky“ auch nicht lange auf sich warten ließ. Schon da hielt es die Zuschauer, egal ob jung oder alt, nicht mehr auf ihren Stühlen. Den Siedepunkt erreichte der Abend dann mit einem Medley aus WAHNSINN! dem Musical mit den Hits von Wolfgang Petry, gleich gefolgt von ebenso einem Medley aus „We will rock you“ dem Queen-Musical. Die ausgewogene Mischung zwischen Up-Tempo-Songs und Balladen trug das Publikum gekonnt durch den Abend. Gleichzeitig wurde jedem Solisten die passende Plattform geboten, sich mit seinen persönlichen großen Erfolgen ins rechte Licht zu rücken. Die Anwesenden honorieren dies immer wieder mit Standing Ovations zu den dargebotenen Songs und forderten Zugabe, die ihnen gerne vom gesamten Cast mit „Waterloo“ von Abba und an ein paar Spielorten zusätzlich mit „Erinnerungen“ aus Cats, dargeboten von Roberta und Sabrina, erfüllt wurden.

Patrick Stanke
(c) Iris Hamann

Ein wenig unfreiwillig wurde dabei sogar für Abwechslung im Programm gesorgt. Mark Seibert, der gesundheitsbedingt für einige Shows pausieren musste, wurde zeitweise von Dennis Henschel und Musical Tenors-Mitglied Patrick Stanke durchaus gebührend vertreten. Es war mit Sicherheit nicht leicht in eine bestehende Show einzusteigen und Songs zu performen, mit denen andere – in diesem Fall Mark Seibert – schon mehr als erfolgreich waren. Einfacher wurde es auch dadurch nicht, dass die beiden „Vertreter“ in vielen Rolle noch nie zu sehen waren. Dennoch wurden auch mit ihnen die Geschichten lebendig, die sie gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen durch den Abend begleiteten. Die kleinen, stimmlich bedingten Änderungen, die dadurch erforderlich wurden, waren eher spannend, als störend. So kam das Publikum beispielsweise in den Genuss einer hoch emotionalen Interpretation von Jan Ammanns „Unstillbarer Gier“ aus „Tanz der Vampire“, die er, ob der ungeteilten Aufmerksamkeit, brillant auf die Bühne brachte und nicht nur sang und darstellte, sondern mit jedem Ton lebte.

Kurzum, „Die größten Musicalhits aller Zeiten“ waren ein Hochgenuss für alle Sinne, was auch die durchweg sehr gut bis ausgebuchten Hallen an den verschiedenen Standorten bewiesen. Doch wie heißt es so schön? Nach der Show ist vor der Show… So steht „Die größten Musicalhits aller Zeiten! – This is the greatest Show – live 2020“ bereits in den Startlöchern. Mit Jan Ammann, Mark Seibert, Roberta Valentini und Michaela Schober ist die Besetzung zwar unwesentlich verändert, jedoch dürfen sich die Zuschauer neben den großen Stars der Musical-Szene, auch auf die eine oder andere Überraschung im Ensemble freuen.