Seit Herbst vergangenen Jahres wird ein ganz besonderes Stück in Hamburg aufgeführt: Disney’s Aladdin. Zur preisgekrönten Musik von Erfolgskomponisten Alan Menken wird dort beinahe täglich im ausverkauften Theater Neue Flora ein Ausflug auf dem fliegenden Teppich in die arabischen Nächte unternommen. Maybe Musical hat sich die Show am 23.03.2016 für euch angesehen – unsere Meinung lest ihr jetzt hier!
Die Europapremiere des bereits am Broadway sehr erfolgreich laufenden Aladdin tritt in große Fußstapfen. Dort, wo kurz vorher noch Andrew Lloyd Webber’s “Phantom der Oper” das Publikum begeisterte, wird das Publikum nun in die arabischen Nächte rund um die (frei erfundene) Weltmetropole Agrabah entführt. Darauf wird man bereits am Eingang eingestimmt, wo nun eine vielfach vergrößerte Version der Wunderlampe, wie sie auch im Stück selbst vorkommt unter goldenen Säulen thront.
Die Handlung des Musicals unterscheidet sich nur in kleinen Punkten von der Handlung des Films, der mittlerweile über 20 Jahre auf dem Buckel hat: Aladdin (Alessio Impedovo), der charmante Straßenjunge der trotz Obdachlosigkeit scheinbar das Geld für ein Fitnesstudio hat, verliebt sich in die als Bürgerin getarnte Prinzessin Jasmin (Sophia Gorgi). Die soll allerdings von ihrem Vater dem Sultan (Claus Dam) an einen würdigen Schwiegersohn verheiratet werden, was ihr aber so garnicht passt. Derweil trachtet der Wesir Dschafar (Ethan Freeman) selbst danach, Sultan zu werden und schickt Aladdin in die Wunderhöhle um die Wunderlampe zu stehlen, darf jedoch nichts anderes berühren. Aladdin sieht aber eine Kette, die er gerne Jasmin schenken möchte und – wer hätte es gedacht – berührt diese. Daraufhin wird der Eingang zur Höhle verschüttet und er rubbelt wild an der Lampe herum, was dafür sorgt, dass der mächtige Dschinni (grandios dargestellt von Tobias Weis) erscheint. Dieser kann ihm zwar nicht den Wunsch erfüllen, dass sich Jasmin in ihn verliebt, aber er kann Aladdin zum Prinzen machen, wofür ihm Aladdin im Gegenzug verspricht den dritten und letzten Wunsch dazu zu gebrauchen, um Dschinni frei zu wünschen.
Als Prinz Ali kehrt dieser nach Agrabah zurück und hält um Jasmins Hand an. Die ist aber nicht überzeugt davon, dass wieder ein prachtvoller Prinz um ihre Hand anhält. Also bekommt Aladdin den glorreichen Hinweis, einfach in ihre Gemächer einzusteigen und mit ihr einen Auslug auf dem fliegenden Teppich zu unternehmen und Jasmin die Lüge aufzutischen, dass er damals sich ebenso als Straßenjunge ausgab. Leider hat der fiese Dschafar ihm verschwiegen, dass das strengstens verboten ist als Heiratsbewerber die Gemächer der Prinzessin zu betreten. So gerät Aladdin dann auch noch in den Kerker, kommt aber mit Hilfe des Dschinnis wieder frei. Der Sultan ist derweil vollkommen davon überzeugt, dass Aladdin der richtige Mann für seine Tochter ist und lässt ihn zum neuen Sultan ausrufen – wo Aladdin dann die Wunderlampe abhanden kommt. Und zu allem Überfluss gerät diese dann in die Hände von Dschafar, der mit Hilfe des Dschinnis selbst zum allmächtigen Dschinni wird. Doch am Ende gibt es für alle ein Happy End und der Dschinni kommt frei.
Die Show ist gespickt mit Popkultur-Referenzen, wie es bereits der Film war. So zieht der Dschinni gleich zur größen Eröffnungsnummer aus seiner Hosentasche die Maske des Phantoms und erklärt, dass er diese im Keller des Theaters gefunden hätte. Getragen wird die Show nicht nur vom enorm wandlungsfähigen, knallbunten und beeindruckenden Bühnenbild, dem Choreographien, dem Humor oder den Effekten wie beispielsweise dem kleinen Feuerwerk am Ende von der großen Dschinni-Nummer “So ‘nen Kumpel hattest du noch nie” sondern auch von den Darstellern selbst. Allen voran natürlich vom Dschinni selbst, der sich zwar wie ein roter Faden durch die Handlung zieht, im ersten Akt selbst aber kaum in Erscheinung tritt.
Der Dschinni wird an diesem Abend grandios gespielt von Tobias Weis, der hingegen des üblichen Erscheinungsbildes des Dschinnis gold gefärbte Haare hat und sich in seiner großen Nummer am Ende des ersten Aktes wahrlich die Seele aus dem Leib singt und tanzt, dass er tatsächlich ein wenig “Atemlos durch die Nacht” wirkt, wie er selbst sagt.
Aladdin wird an diesem Abend von Alessio Impedovo gespielt, dem man zwar an manchen Stellen anmerkt, dass er muttersprachlicher Italiener ist, jedoch geschickt und charmant den Straßenjungen Aladdin spielt.
Sophia Gorgi spielt an diesem Abend eine hervorragende Prinzessin Jasmin, die alles verkörpert, was man von dieser Rolle erwarten möchte. Nicht nur, dass sie eine sehr angenehme Stimme hat, sie spielt außerdem jede Facette der Prinzessin mit Leichtigkeit aus. So ist sie in einem Moment eine unzähmbare Tochter des Sultans, dann eine Prinzessin die sich schützend vor die Wachen stellt, die Aladdin festnehmen wollen. Und auch die Trauer, als sie glaubt Aladdin sei tot, spielt sie mit einer rührenden Art.
Claus Dam spielt einen väterlichen und dennoch strengen Sultan, der sich stark zur comichaften Rolle des Films unterscheidet, Claus Dam aber wie auf den Leib geschneidert erscheint, wo er doch zuvor auch als Kaiser Franz-Joseph in “Rudolph Affaire Mayerling” oder als Eskulapius in “Die Päpstin” in ähnlichen Rollen überzeugen konnte.
Den fiesen magiebegabten Wesir Dschafar spielt Ethan Freeman, der zuvor ebenso ähnliche Rollen spielte (unter anderem auch Luigi Lucheni in der Uraufführung von Elisabeth) dennoch etwas bisher vom Darsteller unbekanntes auf die Bühne überträgt.
Begleitet wird Ethan Freeman als Dschafar von Terry Alfaro als dessen Handlanger Jago, der in der Bühnenversion – anders als im Film – kein Vogel ist.
Ebenso fehlen in dieser Version Rollen wie der Affe Abu oder Radscha, der Tiger von Jasmin.
Stattdessen bekommt Aladdin Gesellschaft von Al Cococcia, Stefan Tolnai und Pedro Reichert als Kassar, Babkak und Omar. Alle drei spielen ein hervorragendes und harmonisierendes Dreiergespann mit unterschiedlich ausgearbeiteten Charakterprofilen.
Im Ensemble fielen außerdem noch Kristina Love und Giulia Vazzoler (zuvor als Cover Roxie Hart in Chicago in Stuttgart zu bewundern) auf.
Das Orchester wurde von Hannes Schauz dirigiert.
Abschließend sei zu sagen, dass man in dieser Show bewährte Erfolgskonzepte von Disney erwarten kann, die mit beeindruckenden und überwältigenden Bühnenbildern, der eingängigen Musik von Alan Menken und einer hervorragend besetzten Cast bis über den Rand hinaus gefüllt sind. Ein Besuch lohnt sich unserer Meinung nach auf jeden Fall. Doch Vorsicht: man läuft Gefahr, wochenlang darüber zu grübeln, wie denn der Teppich ohne erkennbare Drähte zu schweben beginnt.