[Theater-SPEZIAL] „Ich habe einen Plan!“ – Die Olsenbande stürmt die Ortenburg in Bautzen

(C) Robert Michalk

Bereits zum 21. Mal spielt das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen auf dem Areal der Ortenburg den Bautzener Theatersommer. Nachdem das Haus im letzten Jahr mit dem Musical „My fair Lady“ das Publikum begeisterte, und im Verlauf des Jahres noch viele Sondervorstellungen spielte, wagt sich Intendant Lutz Hillmann in diesem Jahr an einen Stoff, der sich in der DDR größter Beliebtheit erfreute und noch heute die Zuschauer regelmäßig vor die Mattscheibe lockt: Die Olsenbande.

Die Olsenbande, das sind: Egon, Benny und Kjeld – aber natürlich dürfen auch Yvonne, Bǿrge, die kleine Fie, Bang Johansen und das Dumme Schwein nicht fehlen. Wer mit diesen Namen jetzt nichts anfangen kann, dem sei die Geschichte rund um das dänische Gaunertrio kurz erklärt: In insgesamt 14 dänischen Kriminalkomödien versucht die Olsenbande, rund um ihren Kopf Egon Olsen, immer wieder den „großen Coup“ ihres Lebens zu landen. Um dies zu erreichen, klügelt das Gaunertrio meist ungewöhnliche Pläne aus, die vor allem auf sekundengenau geplanten Ablenkungsmanövern basieren. Dass dies nicht immer beim ersten Anlauf klappt, weil auch Gegenspieler, wie Bang Johansen, das Dumme Schwein oder Kommissar Holm, ihre Finger im Spiel haben, ist dabei fast vorprogrammiert.

(C) Robert Michalk

Nachdem das Theater Bautzen bereits von 1998 – 2013 mit „Die Olsenbande dreht durch“ ein Stück über das Trio inszenierte, kehren die sympathischen Dänen nun mit „Die Olsenbande und der große Hintermann“ auf die große (Sommertheater-)Bühne zurück. Die Geschichte des Stücks ist recht schnell erzählt: Nach einem missglückten Coup in einem Kino empfangen Benny und Kjeld Egon wenige Monate später vor dem Tor der Haftanstalt. Nach anfänglicher Wiedersehensfreude kommt schnell heraus, dass Børge heiraten will und seine Freundin Fie bereits schwanger ist. Doch wie erleichtert man dem jungen Paar den Start ins Leben und versüßt sich selbst den Alltag?- Es muss natürlich schleunigst Geld her. Natürlich wäre Egon nicht Egon, wenn er nicht schon einen Plan hätte. Das Ganoven-Trio soll eine wertvolle chinesische Vase stehlen. Der Coup geht auch erfolgreich über die Bühne, doch der Auftraggeber hintergeht das Trio und Egon landet wieder dort, wo er herkam: im Gefängnis. Kjelds resolute Frau Yvonne nimmt nun die Zügel in die Hand und übernimmt Egons Vormundschaft, um diesem wieder aus dem Gefängnis zu befreien. Egon hat inzwischen erfahren, warum der Coup mit der Mingvase von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Mit einem neuen Plan, dem Diebstahl der Bedford-Diamanten und natürlich einigen anderen unterhaltsamen Vorkommnissen nimmt die Geschichte ihren Lauf. Das Stück ist insgesamt ein Patchwork aus unterschiedlichen Olsenbande-Filmen, allem voran „Die Olsenband sieht rot“, was vielen Fans vermutlich sehr angenehm in Erinnerung bleiben wird.

Erstmals in der Geschichte des Sommertheaters gibt es zwei Tribünen, auf denen die Zuschauer Platz nehmen können. Das Stück selbst läuft zwischen dem Publikum ab und bietet durch die Wahl der offenen Bühnen viele Überraschungen, manche sind dabei auch ein wenig laut und treffen das Publikum ziemlich unverhofft. Die Bühne ist eine extra angelegte geteerte Straße, die durch Tribüne und Kulissen begrenzt wird. Obwohl das Theater schon in den letzten Jahren durch ihre aufwendigen Kulissen und ausgeklügelten Ideen bei den Zuschauern punkten konnte, setzt das Haus in diesem Jahr nochmal ein’s drauf. Alle Bühnenkulissen konnten mit wenigen Handgriffen in etwas Neues verwandelt werden, so wurde das Kino schnell zum Gefängnistor oder die Front der Fabrik zum Kirchenportal. Dass die Wohnung der Jensens lediglich auf einem ziehbaren Wagen daher kam, tat dem Ganzen keinen Abbruch. Auch die Kostüme und Ausstattungen waren durchweg authentisch.

(C) Robert Michalk

Reichlich turbulent gestaltete sich das Geschehen auf der Bühne – wilde Autoverfolgungsjagden, Explosionen, Feuerwerk und umfallende Bierkisten – zwischendurch gibt sich die „Frau, die immer erschrickt“ die Ehre und zaubert mit ihren Einlagen immer ein Schmunzeln ins Gesicht des Publikums. Als Egon Olsen brilliert Olaf Hais, der den genialen Kopf des Trios so perfekt spielt, dass man meinen könnte, der echte Egon würde mit der DEFA-Syncronstimme auf der Bühne stehen und das Publikum unterhalten. Ebenso perfekt besetzt sind Rainer Gruß und Katja Reimann als Kjeld und Yvonne Jensen, von denen man  meinen könnte, dass sie direkt aus den Filmen auf die Bühne gekommen sind. Vor allem die verrückte Yvonne hat das Publikum sofort auf ihrer Seite und wird am Ende des Abends mit besonders viel Applaus für ihre Darstellung bedacht. István Kobjela als Benny Frandsen steht leider ein wenig im Schatten seiner Kollegen und kann zwar durch seine perfekte Gestik überzeugen, scheint aber vor allem in Bezug auf die Intonation der Sprechpassagen noch nicht ganz in der Rolle angekommen zu sein, was sich aber im weiteren Verlauf der Spielzeit sicher noch ändert. Die beiden Polizisten Kommissar Jensen, gespielt von Ralph Hensel, und Henning Holm, gespielt von Mirko Brankatschk, lassen keine Wünsche offen und fangen die Marotten ihrer Figuren wunderbar auf der Bühne ein. Auch der Rest des Cast, an dieser Stelle sei auch nochmal besonders Dynamit Harry zu erwähnen, und das Ensemble überzeugen durchweg und lassen kaum Wünsche offen.

(C) Robert Michalk

„Die Olsenbande und der große Hintermann“ überzeugt als Patchwork-Stück, unter Verwendung der Filme und DEFA-Dialoge, auf ganzer Linie und bereitet den Zuschauern einen kurzweiligen Abend mit viel Spaß und auch reichlich Action. Wer noch Karten möchte, sollte allerdings schnell sein. Noch vor der Premiere waren rund 90% des gesamten Kartenkontingents bereits vergriffen. Am 28. Juni findet zudem eine besondere Stückeinführung für Blinde und Sehschwache statt, sowie am 10. Juli auch eine Vorstellung mit Gebärdendolmetschern.

Das Stück ist noch bis 17. Juli im historischen Hof der Ortenburg in Bautzen zu erleben. Aufgrund der großen Nachfrage spielt das Theater eine zusätzliche Aufführung am 19. Juni um 15.00 Uhr. Montags bietet die Kulisse des Stücks genug Platz für einen gemütlichen Abend bei den „Bautzener Burgfilmnächten“.