Malentes „Im weißen Rössl“ in Bonn – das etwas andere Singspiel

© Jennifer Zumbusch

Im weißen Rössl am Wolfgangsee, da steht das Glück vor der Tür… schon beim Lesen dieser Zeilen erwachen die inzwischen schon alten Melodien erneut zum Leben und bei den meisten tauchen sicherlich Bilder aus der bekannten Verfilmung mit Peter Alexander vor dem geistigen Auge auf. Nun erlebte dieses Stück von Ralph Benatzky in den letzten Jahren eine Renaissance auf deutschen Bühnen, jedoch ist es nicht in allen Teilen mit dem Film vergleichbar. Dies ist auch nicht gewollt.

Selbstverständlich gibt es auch in der Bonner Inszenierung den in seine Chefin Josepha Vogelhuber heißverliebten Zahlkellner Leopold, der alles oder zumindest fast alles, dafür tun würde, um einen Platz in ihrem Herzen zu erobern. Es gibt auch den etwas schrulligen Professor Dr. Hinzelmann, der sich nur alle paar Jahre einen Urlaub gönnt, nebst Tochter Klärchen, an der trotz ihres „s“-Fehlers die Liebe nicht vorbeigeht. Gleichfalls die Szenerie bereichern Wilhelm Gieseke, seines Zeichens Fabrikant aus Berlin mit Tochter Ottilie und Sigismund Sülzheimer, Sohn des größten Konkurrenten Giesekes. Auch hier lösen sich Schwierigkeiten, Irrungen und Wirrungen am Ende in Wohlgefallen auf, aber dennoch ist etwas anders.

© Jennifer Zumbusch

Schließlich befinden wir uns in Malentes Theaterpalast. Hier wird beim Eintritt jeder Gast persönlich begrüßt als gehöre er zur Familie, einer großen Theaterfamilie. Knut Vanmarcke und Dirk Vossberg-Vanmarcke sind eben nicht nur Sänger und Schauspieler, sondern auch Gastgeber in Personalunion. Genau wie ihr Theater, das keines im klassischen Sinne ist. Ein antikes belgisches Spiegelzelt, das nicht mehr als 199 Zuschauer fasst, weicht als Zuschauerraum hier ebenfalls von der Norm ab. Der neuerdings in klassischen Theatern zur Gewohnheit zu werden scheinende Knabbereienverzehr ist hier nicht störend, sondern trägt zum Ambiente bei. Das an Tischen platzierte Publikum soll sich hier ebenso heimisch fühlen wie es die Darsteller tun. So gibt es zwar keine Bedienung, jedoch eine Theke im Inneren des Zeltes an der sowohl Kleinigkeiten zum Essen zu bekommen sind, als auch Getränkewünsche erfüllt werden. Wirft man nun einen Blick in die Zuschauerrunde, hat man eher das Gefühl eines gemütlichen Fernsehabends bei dem man nicht vor, sondern im Gerät Platz genommen hat.

© Jennifer Zumbusch

Die recht niedrige Bühne schließt beidseitig fast an die Tische an, so dass die umlaufenden Gänge auch gleich ins Spiel integriert werden. Das Bühnenbild ist, dafür, dass der Platz zum Agieren gerade so ausreichend ist, treffend und liebevoll gestaltet. Die Fassade des Hotels „Zum weißen Rössl“ bildet den Hintergrund. Der seitlich angebrachte Balkon, bietet in der einen Szene Raum für die Diskrepanzen von Dr. Siedler und Fabrikant Gieseke in einer anderen wird durch einfaches Herunterklappen der Brüstung ein Sprungbrett in einem Schwimmbad daraus. Die kleinen Sitzgruppen, bestehend aus Gartenstühlen und -tischen, die die Terrasse des Hotels darstellen, werden bei Bedarf verräumt und bringen dadurch ihrerseits Abwechslung in die Szenerie.

Malentes Theaterpalast unterscheidet sich eben von vielen anderen Schauspielstätten nicht nur durch die reine Optik, sondern auch durch ihre speziellen Inszenierungen. Das ist gewollt und auch gut so. Hartwig ‚Hardy‘ Rudolz, der in der Bonner Inszenierung die Regie übernommen hat, ist mit der „Malente-Variante“ durchaus eine neue Interpretation des Stoffes gelungen. Die pointierten sprachlichen Feinheiten, bringen die Zuschauer immer wieder zum Schmunzeln. Sei es, dass der Berliner Gieseke dezent verlauten lässt, nicht auf die fiesen „Malenten“ des Rechtsanwaltes Dr. Siedler reinzufallen oder im Dialog zwischen Wirtin Josepha und Leopold festgestellt wird, dass sich der Kaiser zum „Rösseln“ angesagt hat. Somit braucht sich der Theaterpalast keineswegs vor den größeren Bühnen zu verstecken. Mit Bill Mockridge, der sich außer als Schauspieler auch als Kabarettist einen Namen gemacht hat und der hier den österreichischer Kaiser Franz Josef gibt, und Robert D. Marx, der im Sommer 2018 noch Kardinal Richelieu bei den 3 Musketieren in Winzendorf (Österreich) mimte, als Rechtsanwalt Dr. Siedler, haben sich Dirk Vossberg-Vanmarcke und Knut Vanmarcke zwei Vollblutschauspieler als Unterstützung nach Bonn geholt. Die beiden Hausherren in den Rollen der Wirtin Josepha und des Zahlkellners Leopold beweisen damit wieder einmal, dass sie ein Garant für gute Unterhaltung sind. Mit Spaß, Enthusiasmus, aber ebenso mit Feingefühl für die Pointen an den richtigen Stellen bescheren sie den Zuschauern einen kurzweiligen Abend. Um es mit den Worten des  Kaisers zu sagen: Es war sehr schön. Es hat uns sehr gefreut!

© Jennifer Zumbusch

„Im weißen Rössl“ ist nur noch bis zum 28.02.2019 in der Godesberger Allee 69 in Bonn zu Gast. Doch ein adäquater Nachfolger ist bereits in Sicht: „Fabulous Singlettes“.