Schrill, bunt und etwas anders, so lässt sich La Cage aux Folles, also ein Käfig voller Narren, wohl kurz und knapp beschreiben. Der Narrenkäfig hat jedoch mehr als das zu bieten. Das Theater Magdeburg zeigt in dieser Saison erneut, was genau das ist.
Zaza (Andreas Lichtenberger) ist die Königin des Nachtlebens im La Cage aux Folles, dem Club ihres Mannes Georges (Ansgar Schäfer). Aber nicht nur dort ist sie bekannt, wie ein bunter Hund. Die Diva ist jedem bekannt, jeder der nur einen Hauch von Nachtleben in St. Tropez genossen hat. Aber Probleme gibt es im La Cage aux Folles, wie in jeder anderen Familie. Zaza ist chronisch unpünktlich und kehrt die Diva heraus, Butler Jakob (Anthony Kirby) wäre viel lieber Zofe oder vielleicht gleich eine Cagelles und dann kommt noch Georges Sohn Jean-Michel (Marian Kindermann) und will heiraten. Georges und Albin, wie Zaza abseits der Bühne heißt, sind entsetzt. Ihr Sohn will sich einer spießigen Institution wie der Ehe hingeben? Aber das ist noch nicht alles. Jean-Michels Auserwählte ist Anna Dindon (Jenny Langner), die Tochter des ultrakonservativen Abgeordneten Dindon (Thomas Schneider), der alle Nachtclubs an der Riviera schließen will. Und dem ist nicht genug. Die Dindons wollen Jean-Michels Eltern kennenlernen. Während Anna Georges und Albin und ihrem Lebensstil offen gegenüberstehen, ist klar, dass ihre Eltern der Hochzeit nicht zustimmen würden, wenn er die Wahrheit erfahre. Und so fasst Jean-Michel einen Plan: Alles, was einen Hinweis auf das wahre Leben hinter den Kulissen geben würde, muss weg. Und das umfasst auch Albin. Dieser ist schwerverletzt, ist es doch er, der Jean-Michel großgezogen hat und nicht Sybil, die immer abwesende leibliche Mutter. Georges versucht schließlich, um Albin nicht zu verlieren, eine Möglichkeit zu finden, damit Albin dabei sein kann. Und so wird schließlich aus Mama Zaza Onkel Al. Die Dindons treffen ein, mit ihnen jedoch auch ein Telegramm von Sybil, die wie immer nicht erscheinen wird. Kurzerhand geht so noch einen Verwandlung vonstatten und Onkel Al wird zu Mama Sybil. Jedoch nimmt der Abend schnell einen anderen Verlauf als geplant und schließlich kommt es, wie es kommen musste und die Wahrheit kommt ans Licht. Das Chaos hilf Jean-Michel jedoch auch eins zu erkennen: Niemand würde jemals so für ihn da sein, wie Albin, besonders nicht seine dauerabwesende Mutter. Als dieser schließlich noch den Abgeordneten Dindon erpresst, damit dieser in die Hochzeit einwilligt, wird klar, Albin ist wie er ist und das ist auch gut so.
Menschen akzeptieren so wie sie sind, ein Thema, wie es aktueller wohl nicht sein könnte, auch wenn seit der Uraufführung 1983 bereits mehr als 30 Jahr vergangen sind. Die Magdeburger Inszenierung, zu sehen seit Februar 2016, hebt genau dies noch einmal hervor. Sie spielt mit Klischees und Vorurteilen, treibt Kitsch in neue Sphären und geizt weder mit nackter Haut, noch mit Glitzer. Die Arbeit von Hermann Dukek (Musikalische Leitung), Cornelia Crombholz (Regie), Marcel Keller (Bühne), Marion Hauer (Kostüme), David Williams (Choreografie) sowie Uwe Schröder (Dramaturgie) und Martin Wagner (Choreinstudierung) zeichnet eine rundes Gesamtwerk, das ein bereits oft gespieltes Stück in neuem Glanz erstrahlen lässt.
Allen voran wird die Cast von Ansgar Schäfer, dem Darsteller des Georges dominiert. Mit Charme, schauspielerischer Perfektion und gesanglichem Hochgenuss, stellt er zu großen Teilen auch Diva Zaza in den Schatten. Aber auch Andreas Lichtenberger, Fans vor allem auch durch seine Darstellung des Kerchak in Tarzan bekannt, zeigt was er kann. Von Zaza über Albin und Onkel Al zu Mutter Sybil, ihm gelingen die Wandlungen spielerisch. Er spielt alle Facetten seiner Stimme aus uns zeichnet so unglaublich feinfühlig die verschiedenen Charaktere nach. Zudem zeigt er: Pailletten und Glitzer kann man nie zu viel haben.
Marian Kindermann und Jenny Langner zeigen als junges verliebtes Paar , wie schwer es sein kann, zwischen dem zu schwanken von dem man es gewohnt ist und was die Gesellschaft einem auferlegt. Marian Kindermann als Jean-Michel zeigt die Zerrissenheit zwischen seiner Liebe zu Anna und der Beziehung zu seinen Eltern. Jenny Langner unterdessen, wirkt zuerst wie das naive Blondchen, zeigt jedoch was in ihr steckt, in dem sie an der Seite von Georges und Albin steht und diese genauso akzeptiert wie sie sind.
Auch Thomas Schneider und Iris Albrecht als Ehepaar Dindon machen eine Wandlung durch, wenn auch weniger freiwillig. Besonders Thomas Schneider als spießiger Abgeordneter sorgt für Begeisterung im Publikum, als er von Zaza in Kostüm und hohe Schuhe erpresst wird.
Übertrieben und überdreht, im positiven Sinne, zeigen sich Susi Wirth als Jaqueline und Jeremias Koschorz als Francis. Beide spielen die Charaktere herrlich schrill und passen damit wunderbar ins Gesamtkunstwerk.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen Zofe Jakob, Anthony Kirby, sowie die Cagelles, John Koschorz (Mercedes), Laurent N’Diaye (Chantal), Sven Niemeyer (Hanna), David Schuler (Phädra), Elio Clavel, Pavel Kuzmin, Andreas Loos, Daniel Ojeda, Adam Reist und Yael Shervashidze. Sie alle bestechen nicht nur durch ihre Stimmen, sondern auch durch traumhafte Figuren und endloslange Beine, die in Leder, Pailletten und andere Stoffe gehüllt werden, die mal mehr und mal sehr wenig der Fantasie überlassen.
Die Kostüme von Marion Hauer, verdecken sie manchmal auch nur noch das Allernötigste, wirken nie übertrieben oder geschmacklos. Sie beeindrucken durch Farbenpracht und Vielfalt. Besonders der aufwendige Kopfschmuck ist häufig ein Eyecatcher. Schuhe, die auch als „Kinky Boots“ durchgehen könnten, runden das Gesamtbild nur weiter ab.
Wie immer ein Genuss für die Ohren bildet die Magdeburgische Philharmonie, die fulminant Aufspielt und obwohl versteckt im Orchestergraben in das Geschehen integriert wird.
Ein Käfig voller Narren in der Inszenierung des Theaters Magdeburg lässt also keine Wünsche offen und sollte auch den größten Kritiker begeistert zurück lassen.
Für diese Saison sind acht weitere Vorstellungen geplant. Tickets sind hier erhältlich.