Kampf der Geschlechter bei den Heidelberger Schlossfestspielen – Kiss me Kate!

Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg
Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg

„Schlag’s nach bei Shakespeare“, denn in Cole Porter’s Musical dreht sich alles um Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“. Das Musical ist ein klassisches Stück im Stück und obwohl Shakespeare schon über 450 Jahre alt ist, ist die Handlung immer noch aktuell. Dieses Jahr begeisterte das Musical bis zum 29. Juli bei den Heidelberger Schlossfestspielen und für alle, die jetzt traurig sind, verraten wir bereits: 2017 gibt es die Wiederaufnahme!

Fred Graham ist ehrgeiziger Produzent und gleichzeitigt Hauptdarsteller in seiner Inszenierung von „Der Widerspenstigen Zähmung“. Voller Motivation will er die Premiere erfolgreich hinter sich bringen, aber auf dem Weg zu einer gelungenen Vorstellung liegen einige Hindernisse. Das größte und widerspenstigste ist seine Hauptdarstellerin Lilli Vanessi, welche gleichzeitig Freds Exfrau ist. So sehr die beiden es auch vorgeben, ihre Gefühle sind noch nicht abgekühlt und begleitet von einigen Missverständnissen geht es schnell sehr turbulent zu. Bühnengeschehen und Backstage verschwimmen zusehends, während Fred seine Widerspenstige gleich doppelt zähmen muss – vor und hinter der Bühne.

Der Heidelberger Schlosshof bietet zwar eine kleine Bühne, jedoch die ideale Kulisse für ein Musical, das sich an Shakespeare anlehnt. Die Bühne fügt sich zwischen die alten Schlossmauern. Das Bühnenbild wird durch einige verschiebbare Torbögen ergänzt, eine große Treppe im hinteren Bereich erweitert die Bühne noch etwas in die Tiefe. Auch das Orchester findet mittig auf dem hinteren Teil der Bühne, zwischen den beiden Seiten der Treppe, Platz. Insgesamt eine ideale Lösung, die den geringen Platz voll ausnutzt, ohne die Bühne übervoll wirken zu lassen.

Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg
Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg

Auf der Bühne herrscht noch ein reges Treiben, die Proben liegen in den letzten Zügen, einige Darsteller kommen von der Seite noch auf die Bühne. Das alles gehört bereits zum Stück. Auf der Bühne sieht das Publikum die letzten Minuten vor der Premiere.

Claudia Renner verkörpert vom ersten Moment an die Diva, als sie mit ihrem Koffer und großer Sonnenbrille betont langsam die Bühne betritt. Bereits ab diesem Moment steht fest: SIE ist der Star des Abends. Durch ihr facettenreiches Schauspiel gibt sie sich in jeder Sekunde als die unnahbare Diva. Nur in den Momenten, die sie allein in ihrer Garderobe verbringt, zeigt sie ihre gefühlvollere Seite. Dabei ist ihre Wandlung jederzeit glaubwürdig – egal ob als Lilli Vanessi oder widerspenstige Katharina. Stimmlich glänzt Claudia Renner durchweg. Bereits im Duett „Wunderbar“ mit Joachim Goltz ist ihre gefühlvolle Stimme angenehm und voller Wärme. Später, in Katharinas Solo „Kampf dem Mann“, macht sie auf eindrucksvolle Art und Weise deutlich, was sie vom starken Geschlecht hält und untermalt dies immer wieder mit starker Mimik und Gestik. So auf die Schwächen und Fehler der Männerwelt hingewiesen, macht vor allem den Damen im Publikum viel Spaß. Claudia Renner zeigt Katharina und Lilli Vanessi als starke Frau, die sich durchsetzen kann, aber hinter deren harter Schale gleichzeitig ein weicher Kern steckt und die ihre Gefühle für Exmann Fred Graham noch lange nicht verloren hat.

Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg
Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg

Joachim Goltz brilliert in der Doppelrolle des Fred Graham und Petruchio. Entnervt, hypersensibel, gefühlvoll und vor allem in puncto Frauen vom Pech verfolgt, stellt er seinen Charakter dar und bringt das Publikum an vielen Stellen zum Lachen. Sei es als er Lili eine Grußkarte entreißt, die nicht für sie bestimmt war, oder als er fast wehleidig nach Spuren ihrer Schläge sucht. Nicht nur gesanglich liegt ihm die Rolle, auch als Schauspieler zeigt er, was in ihm steckt und ist Claudia Renner sehr ebenbürtig.

Das Gegenstück zu Claudia Renners emanzipierter Lilli / Katharina bildet im Musical Lois Lane / Bianca, die von Julia Lindhorst-Apfelthaler gespielt wird. Besonders Erika Landertinger ist hier bei dem Kostüm von Lois ein Glücksgriff gelungen: mit blonden Locken und einem Kleid wie Marilyn Monroe spielt sie das kokette Blondchen, das von den Männern eher ausgenutzt wird.

Fotos: (c) Annemone Taake / Theater und Orchester Heidelberg

Das Highlight und die heimlichen Stars der Produktion sind allerdings Steffen Scheumann und Steffen Gangloff. Die beiden Ganoven sind von Anfang präsent und verleihen dem Stück den notwendigen Pepp und nochmal einen gehörigen Schuss Komik. Äußerst eloquent geben sie sich als Gangster mit Herz und weichem Kern. Besonders bei ihrem Auftritt im Tutu bleibt im Publikum kein Auge trocken und mit „Schlag‘s nach bei Shakespeare!“ stecken sie ihr Publikum vollends in die Tasche.

Ein absolut gelungener Abend, der jede Menge Spaß garantiert und neben großartigem Theater einen der schönsten Ausblicke Deutschlands bietet – den Blick über das nächtliche Heidelberg.