Das Staatstheater Oldenburg hat sich in dieser Saison an einem Musicalklassiker herangewagt. Mit der Inszenierung von Jesus Christ Superstar treffen Erik Petersen (Inszenierung), Jürgen Grimm (Musikalische Leitung) und Annabelle Köhler (Dramaturgie) jedoch genau den Zahn der Zeit und entstauben das Werk von Andrew Llyod Webber und Tim Rice. Musicaljungstar Oedo Kuipers ist dabei sicher einer der Erfolgsfaktoren.
Die Geschichte des Stückes ist wohl den meisten bekannt: Jesus (Oedo Kuipers), Sohn Gottes, begeistert die Menschen. Judas (Rupert Markthaler), einer seiner Jünger, ist desillusioniert vom Hype um Jesus und sieht, dass diesem die Situation zu entgleiten droht. Und da ist ja auch noch Maria-Magdalena (Carolina Walker), die als Hure verschrien aber von Jesus begnadigt wurde, und die sich nun in ihn verliebt hat. Judas unterdessen meint ihn schützen zu müssen, begeht dabei aber den berühmten Verrat und setzt Jesus den Hohepriestern (Henry Kiichli, Mark Weigel, Matthias Knaab, Felix Freund) aus, die ihn ermorden wollen. Jesus, sich dieses Verrats und der Jagd auf ihn bewusst, feiert mit seinen Jüngern ein letztes Abendmahl. Schließlich allein, führt Judas die Hohepriester zu ihm und begeht so den endgültigen Verrat. Jesus wird verhaftet und von Pontius Pilatus (Mark Weigel) verhört. Vorher erscheint jedoch noch König Herodes (Reginald Holden Jennings) auf der Bühne und verspottet Jesus. Die tobende Menge fordert, dass Jesus gekreuzigt wird und Pilatus gibt dem Stand. Das Ganze gipfelt in der Kreuzigung von Jesus.
Das Staatstheater Oldenburg inszeniert Jesus Christ Superstar in wilder Rockopern-Manier. Jesus wird hier als Rockstar inszeniert und seine Jünger sind seine Band. Judas gleicht seinem größten Feind innerhalb der Gruppe. Besonders im Hinblick auf die Umgebung in der das Stück in Oldenburg spielt, erweist sich diese Inszenierung als kluger Schachtzug. Mitten in der Zirkusmanage, dieser Spielort scheint wie gemacht für eine Rockband. Besonders die Möglichkeit im Publikum zu spielen, stellt eine große Nähe zum Publikum her, sodass diese direkt mitgenommen werden. Während die Inszenierung an eine Rockband erinnert, machen die Kostüme von Verena Polkowski den Anschein, als wäre der Kleiderschrank der 90er geplündert worden. Trotz allem Schrägen passt die Kleidung irgendwie ins Gesamtbild. Highlight sind aber wohl die Anzüge von Kaiphas und Annas. Bunt, geblümt und schrill und doch irgendwie passend, stechen die beiden aus der Masse heraus.
Eine herausragende Leistung zeigt Oedo Kuipers. Der Niederländer, der bereits im Musical Mozart in der Titelrolle auf der Bühne stand, lebt die Rolle des Jesus. Die Intensität und Leidenschaft, die er in die Rolle legt, sucht seinesgleichen. Er beweist, dass er zurecht die großen Hauptrollen spielt. Seine Stimme spiegelt wunderbar die verschiedenen Facetten und Emotionen wieder, die er als Jesus durchlebt. Gleichermaßen stark ist sein Gegenspieler Rupert Markthaler in der Rolle des Judas. Während er leider streckenweise schlecht zu verstehen ist, macht er vieles durch seine Darstellung wett. Von den Zweifeln, dem Verrat bis hin zum Ende, als er es ist, der genauso weitermacht wie Jesus, jede Facette spielt er vollkommen überzeugend und ohne die Darstellung jemals zu überziehen.
Dritte im Bunde der „Hauptdarsteller“ ist Carolina Walker als Maria Magdalena. Ihre klare Stimme und ihre Darstellung unterstreichen, wie sehr auch sie zerrissen ist und zwischen ihrer Liebe zu Jesus und dem eigenen Dasein und dem Ansehen in der Gruppe schwankt. Eine Herausragende Leistung zeigen Mark Weigel (Pontius Pilatus/Annas) und Henry Kiichli (Kaiphas) beide überzeugen sowohl stimmlich, vor allem aber auch, besonders in Weigels Fall, ein leidenschaftliches Spiel, sodass es eine wahre Freude ist ihnen zuzusehen. Begeisterten Applaus erntet auch Reginald Holden Jennings in der Rolle des Herodes. Sein Solo ist ein wahrer Showstopper und animiert zu langanhaltendem Szenenapplaus. Alles in allem zeigen alle Darstellerinnen und Darsteller eine großartige Leistung. Ihnen gelingt es im gesamten Zelt präsent zu sein und nicht nur eine Seite des Publikums zu bespielen. Der Opernchor des Staatstheaters trägt dazu bei, dass das Zelt stimmgewaltig gefüllt wird und immer „etwas los ist“.
Dem Staatstheater ist mit der Inszenierung von Jesus Christ Superstar eine hervorragende Produktion gelungen, die sich von der Vielzahl an Inszenierungen dieses Stückes abzuheben weiß.