Englische Version des Interviews
Bei unserem letzten Besuch in London durften wir Tenor Paul Ettore Tabone in seiner Garderobe des Her Majesty’s Theatre besuchen. Der gebürtige Australier steht hier zurzeit als Ubaldo Piangi im Phantom der Oper auf der Bühne. Nach seinem Studium am Queensland Conservatorium of Music, erhielt Paul bereits zwei Mal die Auszeichnung als „Most Promising Voice for Music Theatre“. 2011 erhielt Paul in der australischen Produktion von Andrew Lloyd Webbers „Liebe stirbt nie“ die Rolle des Squelch, die er auch 2015 bei der Deutschlandpremiere in Hamburg spielte.
Lena Gronewold: Ursprünglich kommst du aus Australien. Was hat dich nach Europa verschlagen?
Paul Ettore Tabone: Nachdem ich Love Never Dies in Australien gespielt hatte, wollte ich wieder etwas mehr in Richtung Oper gehen. Mit meinem damaligen Partner bin ich deshalb nach Italien gegangen. Da wir beide auch die italienische Staatsbürgerschaft haben, wollten wir diese Möglichkeit nutzen. Ich bin also nach Europa gekommen, um weiterhin den Operngesang zu studieren und in diesem Feld zu arbeiten.
Lena Gronewold: Du bist der erste, der den Squelch sowohl in der australischen, als auch in der deutschen Version von Liebe stirbt nie gespielt hat. Ist das etwas Besonderes?
Paul Ettore Tabone: Um fair zu sein, muss man natürlich sagen, dass es vor unserer Version schon mal Aufführungen in London gab. Für die Premiere in Australien wurde das Stück dann aber noch einmal überarbeitet. Andrew Lloyd Webber hat Simon Phillips (A.d.R. Direktor der australischen Produktion) quasi freie Hand gegeben und sie haben eine Menge Zeit in diese neue Produktion gesteckt. Glücklicherweise durfte ich mit Simon Phillip arbeiten. Er hatte eine sehr klare Vorstellung, wo die Reise hingehen sollte und das hat dann auch geklappt. Ich durfte den Part des Squelch spielen, aber ich glaube wir können nicht den Erfolg dieser Rolle an mir festmachen. Hätte Simon Phillips nicht eine so tolle Show auf die Beine gestellt, wären wir damit nicht so erfolgreich gewesen.
Lena Gronewold: Von Teil 2 zurück zum Original – Momentan stehst du als Piangi im Phantom der Oper in London auf der Bühne. Hattest du die Chance, mit Andrew Lloyd Webber zu arbeiten?
Paul Ettore Tabone: Ja, die hatte ich tatsächlich. In Australien haben wir viel Zeit mit Andrew verbracht und auch in Hamburg war er bei den Proben dabei. Hier in London hatten wir sogar das Glück, dass wir im letzten Jahr, kurz vor dem 30-jährigen Jubiläum, Einzelcoachings mit ihm hatten.
Lena Gronewold: Genießt du es, in London zu leben?
Paul Ettore Tabone: Ich liebe London! In all meiner Zeit in Europa fühlt es sich hier an, als wäre ich irgendwo zwischen Europa und Australien gelandet. Das Wetter könnte für meinen Geschmack zwar etwas besser sein, aber trotzdem liebe ich die Stadt.
Lena Gronewold: Was machst du in deiner Freizeit?
Paul Ettore Tabone: Wir haben pro Woche nur einen Tag frei. Den verbringe ich meist auch mit Singen. Ich verstehe mich sehr gut mit Lara Martins, die hier die Carlotta spielt. Zusammen haben wir ein Cabaret entwickelt und angefangen damit aufzutreten. Wir sind so ein wenig das Opern-Dreamteam des West End und die Leute kommen von überall, um uns zu sehen. Das würden wir gerne auch in Zukunft fortführen.
Lena Gronewold: Bis vor kurzem hast du auch in Hamburg auf der Bühne gestanden. Welche Stadt magst du lieber – Hamburg oder London?
Paul Ettore Tabone: Obwohl ich London liebe, vermisse ich Hamburg sehr. Der Unterschied zwischen beiden Städten ist, dass Hamburg eine Stadt mit viel Licht ist. Obwohl es oft sehr kalt war, ist immer Licht in der Stadt. Das vermisse ich sehr.
Lena Gronewold: Neben deinen Musicalengagements stehst du auch als Opernsänger auf der Bühne. Was sind die unterschiedlichen Herausforderungen der beiden Richtungen?
Paul Ettore Tabone: Glücklicherweise vereint meine Rolle hier beim Phantom beides. Ich denke, eine Herausforderung an einem Stück wie diesen ist es, dass man achtmal in der Woche in dieser Rolle auf der Bühne steht. In der Oper würdest du maximal 4 Vorstellungen in der Woche spielen und das mit Pausen dazwischen. Es ist daher unglaublich, was ich an Kraft und Durchhaltevermögen dazugewonnen habe, seit ich so häufig auf der Bühne stehe. Davon werde ich wirklich profitieren, wenn ich irgendwann zur Oper zurückkehre.
Lena Gronewold: Also du in Italien gelebt und gearbeitet hast, hast du gemeinsam mit Placido Domingo und Andrea Bocelli für 20.000 Menschen gesungen. Kannst du dieses Gefühl für uns beschreiben? Ist es ein Unterschied ob man für mehr oder weniger Menschen singt?
Paul Ettore Tabone: Für 20.000 Menschen zur gleichen Zeit zu singen, transportiert ein anderes Gefühl. Aber dann denke ich wieder darüber nach, dass wir hier in jeder Vorstellung auch ca. 1.000 Zuschauer haben, das sind 8.000 in der Woche. Aber grundsätzlich ist es ein anderes Gefühl, ob man italienische Opern in Italien oder woanders singt. Italien ist die Heimat der Oper und in der Arena di Verona aufzutreten war wunderbar. Ich war gerade 24 Jahre alt und es war ein Traum, der wahr wurde. Es fühlt sich einfach deshalb anders an. Opern zu singen ist ein größerer Druck im Allgemeinen, aber wenn du dann einen Song wie „O sole mio“ beendest, ist es ein unbeschreibliches Gefühl.
Lena Gronewold: Gut oder Böse – was sind deine bevorzugten Rollen?
Paul Ettore Tabone: Ich bevorzuge die romantischen Rollen. Im Bereich der Oper gibt es viele romantische Rollen, zumindest wenn du ein Tenor bist. Es gibt von daher nicht viele Bösewichte, von denen ich mir vorstellen könnte, sie zu spielen. Im Musicalbereich vielleicht schon eher, aber die Oper ist meine Leidenschaft. Deshalb liebe ich diese Show, sie ist nicht einfach ein Musical, sondern es hat von beidem etwas.
Lena Gronewold: Und welche Musicalrollen könntest du dir für die Zukunft vorstellen?
Paul Ettore Tabone: Den Jean Valjean (A.d.R. aus Les Misérables) würde ich aber vielleicht später gerne mal spielen. Ich bin offen für vieles und meine Leidenschaft für Musik endet weder beim einen, noch beim anderen, also kann ich mir viele Rollen vorstellen.
Lena Gronewold: Gibt es eine Erinnerung von deiner Zeit auf der Bühne, die du nie vergessen wirst?
Paul Ettore Tabone: Es gibt da so viele Erinnerungen. Ich denke, besonders die witzigen Sachen vergisst man nicht so schnell. Ich persönlich werde nie vergessen, wie wir in Hamburg Masha Karell zum Ende der Show auf die Bühne schubsen sollten und sie plötzlich auf dem Boden lag und von dort gespielt hat. Wir haben gedacht, dass sie uns zur Sau machen würden, weil wir sie so doll gestoßen haben, aber sie hat es geliebt und war richtig in der Szene drin.
Lena Gronewold: Du sprichst neben Englisch auch Deutsch. Sprichst du noch irgendwelche anderen Sprachen und hast du Deutsch nur für Liebe stirbt nie gelernt?
Paul Ettore Tabone: Ich spreche Englisch, Deutsch, Italienisch und zurzeit lerne ich Französisch. Deutsch habe ich tatsächlich während meiner Zeit in Deutschland gelernt, aber da ich zu der Zeit einen deutschen Partner hatte und in einer deutschsprachigen Produktion mitgespielt habe, ging das recht schnell.
Lena Gronewold: Gibt es Pläne für die Zukunft, die du mit uns teilen kannst? Können die deutschen Fans hoffen, dass du irgendwann zurück nach Deutschland kommst?
Paul Ettore Tabone: Ich würde sehr gerne noch einmal in Deutschland spielen. Aber für den Moment bin ich hier sehr zufrieden. Aber nichts ist zu 100 Prozent sicher. Aber wer weiß? Vielleicht komme ich eines Tages wieder nach Deutschland.