In Fulda kommt es in diesem Jahr nun schon zum bereits dritten Musicalsommer. Und Spotlight Musicals bringt auch nach Erfolgen, wie “Die Päpstin”, “Die Schatzinsel” oder “Friedrich – Mythos und Tragödie” nun erneut ein historisches Musical auf die Bühne des Schlosstheaters: “Der Medicus”. Wie man ein Musical mit einer so umfangreichen Vorlage adäquat zu bringen versucht und ob das Ganze am Ende noch nachvollziehbar ist, erfahrt ihr wie immer bei uns.
Wie eingangs erwähnt, ist man in Fulda bereits Experte darin, wenn es darum geht, historische Persönlichkeiten oder historische Geschichten als Musical umzusetzen. Nachdem in den letzten Jahren bereits zahlreiche Musicals in dieser Richtung hier aufgeführt wurden und im letzten Jahr sogar “Die Schatzinsel” die Handlung des Romans und dessen Autors miteinander verknüpfte, war natürlich die Erwartung an die vermutlich größte Vorlage in des Produktionsteams besonders hoch.
Im England des 11. Jahrhunderts beginnt die Handlung auch schon turbulent: Der Vater von Rob Cole stirbt und hinterlässt ihn, seine Schwestern und seine Mutter in Armut. Bald plagen auch die Mutter Schmerzen und Rob erkennt durch seine besondere Gabe, dass seine Mutter bald sterben wird. Gerade zu diesem Zeitpunkt ist auch ein Bader in der Stadt, den Rob auch gleich um Hilfe bittet. Doch für die Mutter kommt jede Hilfe zu spät. Sie erliegt der Seitenkrankheit. Die Kinder werden auf verschiedene Familien aufgeteilt und der junge Rob Cole wird vom Bader aufgenommen, mit dem er nun weiterzieht. Dieser Bader offenbart ihm eines Tages auch, dass er um wahre Medizin lernen zu können nach Persien reisen muss, um dort in Isfahan zu lernen. Doch das ist dem christlichen Rob Cole nicht möglich.
Dennoch begibt sich Rob auf die lange Reise nach Persien und lernt unterwegs im Winter Mary Cullen kennen. Doch bei der Weiterreise trennen sich auch diese Wege wieder und Rob kommt eines Tages in Isfahan an, wo er sich nun als Jude ausgibt und sich Jesse ben Benjamin nennt. Von da an überschlagen sich die Ereignisse wirklich: Rob wird über Umwege an der Madrassa – dem dortigen Lehrstuhl – angenommen und lernt von Ibn Sina persönlich. Bald schon schließt er Freundschaft mit dem Juden Mirdin und dem Perser Karim. Als dann die Pest in der Stadt Einzug hält, spürt man deutlich die Grenzen, die die Religion zieht, da es nicht erlaubt ist die Leichen von Pestopfern zu öffnen. Letztlich geben dann doch die Ratten wichtige Rückschlüsse.
Letztlich trifft er dann in Isfahan auch Mary wieder, öffnet im Dienste der Wissenschaft heimlich Leichen und hat am Ende dann doch sein großes Happy End mit Mary.
Das Musical besteht aus den typischen Zutaten jedes Spotlight-Erfolgs: Packende Balladen, eine große Liebesgeschichte und eine moralische Botschaft. Neu sind hier außerdem die schnellen Choreographien von Kim Duddy, die sich außerdem für “Carmen Cubana” verantwortlich zeichnet.
Auch die Cast war bei unserem Besuch hochkarätig besetzt: Rob Cole wurde an diesem Nachmittag von Sascha Kurth gespielt. Er ist zwar die Zweitbesetzung, überzeugt dennoch mit einem klaren Schauspiel und einem soliden Gesang.
Die weibliche Hauptrolle der Mary Cullen übernimmt hier Sabrina Weckerlin. Bereits mit Szenenapplaus bei ihrem ersten Erscheinen auf der Bühne begrüßt, überzeugt sie mit ihrer bekannten und beliebten Stimme und trägt ihre Parts mit einer beeindruckenden Leichtigkeit. Sie macht sogar die eher Schwache Ballade “Kilmarnock” zu einem wahren Highlight.
Ibn Sina, einer der wenigen Rollen die auf tatsächlichen historischen Persönlichkeiten beruhen, wurde hier von Reinhard Brussmann gespielt und gesungen, der eine sehr warme und tiefe Stimme seiner Rolle leiht und damit eine angenehme Väterlichkeit auf die Bühne bringt.
Eine Ergänzung zu dieser Rolle bildet ganz klar die Rolle des Baders, der hier von Leon van Leeuwenberg gespielt wurde. Er war in den Szenen in Persien dann auch als Quandrasseh auf der Bühne. Auch er ist kein Unbekannter auf Fuldas Bühnen und wenn man ihn wegen seines Kostüms vielleicht zuerst optisch nicht erkannte, erkennt man ihn spätestens sobald er spricht oder singt.
In den Rollen des Karim und Mirdin spielten in dieser Vorstellung Andreas Wolfram und Lutz Standop, die vor allem gemeinsam aufgrund ihrer Gegensätzlichkeiten im Zusammenspiel enormes Potenzial bergen.
In der Kinderrolle des jungen Rob Cole spielte hier Leara Tauber. Die Rolle der Mutter wurde von Dorothea Maria Müller ausgefüllt, die vor Kurzem auch noch als Sally Bowles in Cabaret (Darmstadt) zu erleben war und hier einmal mehr ihre Wandelbarkeit beweist.
Die Musik kommt auch bei diesem Musical vom Band. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man ein Musical in Fulda besucht. Wie gut die Kompositionen von Denis Martin klingen, wenn sie live gespielt werden konnten vor allem Besucher der Aufführung von “Kolpings Traum” in der Lanxess Arena Köln bezeugen. So gut auch die Soundanlage in Fulda ist, an ein echtes Orchester kommt sie leider niemals heran. Und gerade dieses Musical würde ein lebendiges Orchester verdienen, wo die Kompositionen von “Der Medicus” gewiss zu den stärksten gehören, die man bisher dort erleben durfte.
Unterm Strich bleibt zu sagen, dass “Der Medicus” ein starkes Musical ist, das aus dem Schlosstheater eine ganz große Bühne machte. Farbenprächtig, opulent und magisch.
Auch wenn das Musical noch bis Ende August gespielt wird sind keine Karten mehr erhältlich. Der Vorverkauf für die Spielzeit 2017 beginnt am 16. August um 10:00 Uhr.
Informationen sind hier zu finden.