Wer kennt ihn nicht, den herzergreifenden Film „Matilda“, der andauernd im Fernsehen rauf und runter läuft. Kaum jemand wird nicht schon mal etwas von Matilda, Ms. Honey und Miss Trunchbull (im deutschsprachigen Film Fräulein Honig und Knüppelkuh) mit Mara Wilson und Danny DeVito gesehen haben. Umso naheliegender, den Stoff auf die Musicalbühne zu bringen. Seit Herbst 2011 spielt das Stück nun erfolgreich im Londoner Cambridge Theater und lockt Groß wie Klein an. Neben der Londoner Produktion tourt Matilda zudem durch Großbritannien. Am Broadway gewann das Stück sogar vier Tonys, international heimste es bereits über 85 Preise in den verschiedensten Kategorien ein.
Matilda (Lily-Mae Evans) ist ein fröhliches und aufgewecktes Kind. Sie liest gerne und verbringt bereits bevor sie eingeschult wird die meiste Zeit in der Bibliothek bei Mrs. Phelbs (Keisha Amposia Banson) und liest alles, von Tolstoi bis Shakespeare. Ihrer Familie ist dies jedoch ein Dorn im Auge, denn Mutter und Vater Wormwood (Marianne Benedict und David Birch) sowie Bruder Michael (Tom Muggeridge) sind jedoch eher Anhänger der Bildung-durch-Fernsehen Fraktion.
Als Matilda in die Schule kommt, bemerkt ihre Klassenlehrerin Miss Honey (Gina Beck) schnell, dass Matilda hochbegabt ist und möchte sie fördern. Die fiese Schulleiterin Miss Trunchbull (Simon Shorten) weiß dies jedoch zu verhindern. Im Streit mit Miss Trunchbull entdeckt Matilda plötzlich, dass sie telekinetische Fähigkeiten besitzt und nutzt dies zu ihrem Vorteil, um an Miss Trunchbull Rache zu nehmen. Als Miss Honey Matilda zu sich nach Hause einlädt, entdeckt diese, dass ihre Lehrerin in ärmsten Verhältnissen lebt. Es kommt heraus, dass es sich bei Miss Trunchbull um die Tante von Miss Honey handelt, die sich das Erbe ihrer Eltern erschlichen hat. Matilda beschließt der Ungerechtigkeit ein Ende zu machen und nutzt ihre Fähigkeiten, um Miss Trunchbull in Angst zu versetzen. Diese flieht, sodass Miss Honey endlich ihr Erbe antreten kann. Matildas Vater, der einige krumme Dinger gedreht hat und von der russischen Mafia verfolgt wird, will zum Ende außer Landes fliehen. Matilda, geschickt wie sie ist, handelt einen Deal aus und bleibt bei Miss Honey, die sie adoptiert.
Das Können und die Qualität der Sänger und Tänzer am West End sind immer wieder beeindruckend. Besonders in diesem Stück, in dem ganze neun Kinderdarsteller, eine davon eben die Hauptdarstellerin des Stückes, mitspielen. Lily-Mae Evans, die Darstellerin der Matilda, brilliert allen voran. Sie ist fast permanent auf der Bühne – singt, tanzt und spielt dabei wie es einige erwachsene Darsteller nicht vermögen würden. Auch die gesamte restliche Kinder-Cast zeigt ein unglaubliches Können und eine beeindruckende Leistung. Für die meisten von ihnen ist Matilda ihr Debut im West End. Sieht man sie auf der Bühne, mag man das kaum glauben.
Aber auch die erwachsenen Darsteller stehen ihren jungen Kollegen in nichts nach. Gina Beck, bekannt aus Produktionen wie Show Boat, Wicked oder The Phantom of the Opera, glänzt in der Rolle der unsicheren Miss Honey. Auch wenn sie mit drei Soli scheinbar ausreichend bedacht ist, wünscht man sich bei ihrer wunderbaren klaren Stimme doch noch mehr Lieder in denen sie zeigen könnte was alles in ihr steckt. Simon Shorten als Miss Trunchbull ist einfach „der Brüller“. Schaurig schön kehrt er die furchtbarsten Facetten der Rolle hervor. Streckenweise lässt er beinahe vergessen, dass es ein Mann ist, der da in dem Kostüm der seltsamen Schulleiterin steckt – auch wenn an ihr vielleicht ohnehin ein Mann verloren gegangen ist.
Das gesamte Ensemble und insbesondere jene Darsteller die auch in Kinderrollen schlüpfen leisten Herausragendes. Das Stück bietet, egal ob man mit Kindern unterwegs ist, oder einen unterhaltsamen Nachmittag mit Freundinnen im Theater verbringen will, sehr gute Unterhaltung und hat dabei ein bisschen fürs Herz und viel Arbeit für die Lachmuskeln im Gepäck.