Trotz strenger Sicherheitsauflagen, pilgerten erneut Massen Musicalfans zum Londoner Trafalgar Square und brachten diesen zum Beben. Zum 13. Jahr in Folge feierten die Fans an zwei Tagen ihre Lieblingskünstler und konnten sich Ausschnitte aus alten wie neuen Stücken anschauen. Bereits das Programm des West End Live liest sich wie das Who-is-who der englischen Musicalszene. Mit Künstlern wie John Owen Jones, Willemijn Verkaik und Kerry Ellis sowie allen Stücken vom Phantom der Oper über Aladdin bis hin zu Bat out of Hell, waren alle versammelt, die das West End aufbieten konnte.
Schon an Tag 1 hatten die Veranstalter mit einem bunten Mix aus den Erfolgsshows Londons viele Highlights versammelt. Bereits zum Auftakt mit den Künstlern aus Disneys Aladdin kochte die Stimmung auf dem Trafalgar Square hoch, aber spätestens als kurze Zeit danach Suzie Mathers und Willemijn Verkaik als Glinda und Elphaba aus Wicked die Bühne betraten, gab es kein Halten mehr. Besonders Willemijn Verkaik erntete für ihre großartige Performance von „Defying Gravity“ stürmischen Applaus. Aber nicht nur Klassiker wie Wicked haben an diesen Tagen die Bühne und gleichzeitig die Herzen der Fans erobert. Auch, gerade in Deutschland, eher unbekannte Musicals wie The Wind in the Willows, Motown, On the town, Half a Sixpence oder An American in Paris zeigen, dass sie mit wunderbaren Kostümen und tollen Künstlern aufwarten, die viel Herzblut in ihre Rollen legen. Die großen Erfolgsstücke gaben sich jedoch an Tag 1 die Klinke in die Hand. Ob Phantom der Oper, Les Miserables, 42nd Street, Matilda oder Kinky Boots, alle hatten ihre Fangemeinde und wurden frenetisch bejubelt. Eines der Highlights des ersten West End Live Tages, bildete jedoch eindeutig der Auftritt der Cast von Dreamgirls. Marisha Wallace als Effie White legte so viel Herzblut in ihre Interpretation von „And I am telling you I’m not going“, dass das Publikum bereits mitten im Lied in frenetischen Jubel ausbrach und dieser bis zum Schluss nicht nach lies.
Rockig wurde es gleich zu Beginn von Tag 2. Kaum hatte sich der Trafalgar Square mit Menschen gefüllt, die ersten von ihnen hatten bereits seit Nachts um 2 gewartet, um in der ersten Reihe zu stehen, schnallten sich Stephen Leask und die Kids von Andrew Lloyd Webbers School of Rock die Bässe um und sorgten dafür, dass jeder wach wurde. Ähnlich rockig ging es zu bei Bat out of Hell, einem Stück mit den Songs von Meat Loaf. Hauptdarsteller Andrew Polec war vollkommen bei der Sache und zeigte, dass ein echter Rockstar in ihm steckt. Auch „ruhigere“ Performances, die jedoch nicht minder mitreißend waren als die rockigen Stücke, fanden ihren Platz im Line-up. Mit Musicals wie König der Löwen, aber auch Thriller Live und Beautiful The Carole King Musical, wurde das Publikum zum Mitsingen und -tanzen eingeladen. Ansonsten stand der zweite Tag des West End Live vollkommen im Zeichen der Solokünstler. Bekannte Darsteller wie John Owen Jones, Willemijn Verkaik, Kerry Ellis, Rachel Tucker und Marisha Wallace zeigte, dass sie auch alleine das Publikum rocken können. Highlight hierbei unter anderem der Auftritt der Barricade Boys, die im letzten Jahr ihr West End Live Debüt gaben. Dieses Mal besetzt als Quartett mit Scott Garnham, Simon Schofield, Kieran Brown und Andy Coxon, gaben sie „Master of the House“ und „One Day More“ aus Les Misérables zum Besten.
Neben dem Geschehen auf der Bühne, hatte der Trafalgar Square aber noch jede Menge anderes zu bieten. Wieder zeigten sich verschiedene Theater und Organisationen in den Zelten rund um den Platz von ihrer besten Seite und lockten die Menschen mit Gewinnspielen, Zuckerwatte und ausgestellten Kostümen aus Aladdin und Der König der Löwen. Neu und lobenswert, war in diesem Jahr vor allem eins, es gab erstmals zwei Gebärdendolmetscher, die kontinuierlich auf ihrer kleinen Plattform am Rand der Bühne standen und es so auch gehörlosen Menschen ermöglichten, bei diesem Spektakel dabei zu sein. So begeistert wie beide bei der Sache waren, waren sie aber nicht nur für diejenigen, die auf diese wichtige Arbeit angewiesen waren, ein Highlight.
Nach so einem spektakulären Wochenende bleibt nur zu hoffen, dass es auch im nächsten Jahr wieder rund gehen wird und sich das West End erneut von seiner besten Seite zeigen darf.