Sweeney Todd – Mehr Kunstblut braucht Oldenburg

Tomasz Wija (Sweeney Todd) (c) Stephan Walzl

„Hört an die Mär von Sweeney Todd…“ alleine diese Worte, untermalt von der fulminanten Musik des Komponisten Stephen Sondheim, versprechen erstklassigen Hörgenuss. Der große Saal am Staatstheater Oldenburg bietet zudem sowohl akustisch, aber auch visuell den perfekten Rahmen für den Musical-Thriller. Nach der Premiere des Stückes im November 2016, ist der dämonische Barbier der Fleet Street nun für wenige Vorstellungen zurück.

Düstere Straßen in London sind der Schauplatz dieses schaurig schönen Musicals. Nachdem Buch von Hugh Wheller und der Musik von Erfolgskomponist Stephen Sondheim, bringt Michael Moxham (Inszenierung) gemeinsam mit Carlos Vázquez (Musikalische Leitung) und Jason Southgate (Bühne und Kostüme) das Stück in Oldenburg auf die Bühne. Eine der bekannsten Inszenierungen des Stückes war wohl jene Broadway-Uraufführung mit Angela Lansbury in der Rolle der Mrs. Lovett. Das mit neun Tony Award ausgezeichnete Stück feierte anschließend im Jahr 1985 seine Deutschlandpremiere. Das heute in Deutschland weniger gespielte Stück glänzt durch seine düstere Szenerie und die blutrünstige Handlung. Einem breiten Publikum wurde es 2007 bekannt, als Tim Burton das Stück mit Johnny Depp in der Hauptrolle verfilmte.

Die Handlung ist schnell erzählt: Im London des 19. Jahrhundert gerät Barbier Benjamin Barker in die Mühlen der Gesetzlosigkeit. Der berüchtigte Richter Turpin interessiert sich für Barkers Frau und will diesen deshalb aus dem Weg schaffen. Barker wird nach Australien verbannt. Bei seiner Rückkehr findet er die ehemalige Wohnung über dem Pie-Shop von Mrs. Lovett verlassen. Seine Frau hat Gift geschluckt und seine Tochter lebt bei Richter Turpin als dessen Mündel. Barker, der nach 15 Jahren auf Rache sinnt, eröffnet unter dem Namen Sweeney Todd einen Barbier Salon. Sein Ziel: Die Kehle des Richters. Der Rachefeldzug von Sweeney Todd nimmt seinen Lauf und nicht nur Sweeney Todd, sondern auch Mrs. Lovett verfallen in einen Blutrausch. Denn auch der Laden der Pastetenbäckerin profitiert von diesem unerwarteten Verschwinden der Kunden des Barbier Salons…

Tomasz Wija und Melanie Lang (Sweeney Todd und Mrs. Lovett (c) Stephan Walzl

In Oldenburg setzt man bei der Inszenierung auf starke Stimmen aus der Opernsparte des Hauses. Ideal besetz ist die Rolle des Sweeney Todd. Die schöne dunkle Stimme von Bass-Bariton Tomasz Wija unterstreicht die düstere Atmosphäre, die den Charakter umgibt. Sein leichter Akzent betont dies ebenfalls. Trotz diesem Akzent ist Wija durchweg hervorragend zu verstehen. Sein Schauspiel ist exzellent. Die düstere Art seiner Rolle wird von ihm sowohl durch Blicke, aber auch durch Mimik und Gesten hervorragend transportiert.

Sein Konterpart, Melanie Lang als Mrs. Lovett, verblasst dagegen etwas. Zwar besticht Lang ebenfalls durch großartige Darstellung der schrägen Bäckerin, ihr Gesang bleibt jedoch hinter dem von Wija zurück. Zwar passt ihre Stimme sehr gut zur Rolle, an manchen Stellen würde man sich jedoch ein bisschen mehr Power dahinter wünschen. Durchweg macht sie jedoch eine gute Figur in ihrer Darstellung.

Die wohl lieblichste Stimme der Hauptdarsteller nennt Johanna-Darstellerin Alexandra Scherrmann ihr Eigen. Mit ihrer wunderbaren Sopranstimme nimmt sie mühelos die Höhe, die die Rolle der Johanna mit sich bringen. Ihr Schauspiel komplettiert das Paket.

Ebenso hervorragend besetzt sind die Rollen des Toby und des Anthony. Timo Schabel und Lukas Strasheim. Lukas Strasheim, der mit der Rolle des Anthony sein professionelles Debut im Anschluss an die Musicalausbildung an der Joop van der Ende Academy feiert, steht dem erfahreneren Opernsänger Schabel in nichts nach. Beide füllen ihre Rollen sowohl stimmlich als auch darstellerisch ideal aus.

Komplettiert wird die Riege der Hauptdarsteller von Friederike Hansmeier, als Bettlerin sowie Stephen K. Foster (Richter Turpin), Sandro Monti (Büttel Bamford) und Kammersänger Paul Brady in der Doppelrolle des Adolfo Pirelli und Mr. Fogg. Auch sie zeigen, dass Sweeney Todd ideal mit Opernsängern besetzt werden kann. Ihre Stimmen unterstreichen die Komplexität der Sondheim-Texte, die in der deutschen Übersetzung unglaublich wortreich sind, und lassen die Umsetzung mühelos erscheinen.

Team Arbeit im Hause Todd/Lovett (c) Stephan Walzl

Einziges größeres Manko an diesem Abend ist, dass die Darsteller, besonders der Opernchor, streckenweise sehr schlecht zu verstehen ist. Dies liegt vor allem an der Lautstärke des stark besetzten Orchesters. Dieses bildet zwar einen großartigen musikalischen Rahmen, übertönt jedoch streckenweise alle Sänger, sodass an die wortreichen Sondheim-Texte nur dank der Übertitel verfolgen kann.

Die Darstellung des Bühnenbildes sowie auch die Kostüme von Jason Southgate, der nun schon zum zweiten Mal am Staatstheater arbeitet, bilden den idealen Rahmen für das düstere Stück. Beides lenkt nie vom Geschehen ab, sondern unterstreicht die Handlung. Besonders die sich hebenden und absenkenden Bühnenteile zeigen die großartigen Möglichkeiten die das Haus bietet. Einziges Manko sind die Bühnenarbeiter, die trotz der schwarzen Ausstattung relativ auffällig im Geschehen sind. Darsteller die die Kulisse bewegen oder Kostüme für die Beteiligten hätten eventuell dafür gesorgt, dass diese sich besser ins Bild einpassen.

Und das Blut… zwar fließt das Kunstblut am Ende beim Tod von Richter Turpin und auch bei Sweeneys Ende, zwischendurch fragt man sich jedoch, weshalb kein Blut fließt, wenn Todd in seinem Salon die Köpfe rollen lässt. Ein bisschen mehr Kunstblut hätte die schaurig schöne Inszenierung sicher nur unterstrichen. Alles in allem zeigt das Staatstheater Oldenburg eine hervorragende Inszenierung, die zeigt auf welch hohem Niveau das Haus agiert. So bleibt nur zu hoffen, dass auch in Zukunft weitere Musicals auf dem Spielplan des Hauses zu finden sind. Wer sich die Gelegenheit Sweeney Todd in Oldenburg zu sehen nicht entgehen lassen will, muss schnell sein. Restkarten für die letzte Vorstellung am 28. Januar sind noch erhältlich.