Robin Hood – Das Musical! feiert Weltpremiere in Fulda

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by Christian Tech

Mittlerweile haben Stücke mit historischem Hintergrund im Fuldaer Schlosstheater eine liebe und vor allem erfolgreiche Tradition erlangt. Es mag sicherlich daran liegen, dass die Stadt selbst über viel Historie verfügt; wo also würden solche Stücke besser hinpassen als dort, wo man sich einen direkten Bezug zwischen Stück und Umgebung vorstellen kann.

Nach inzwischen sieben Weltpremieren stand dann in 2020 mit „Robin Hood – Das Musical!“ die nächste in den Startlöchern. Die achte sollte sogar eine ganz besondere werden, denn kein geringerer als Sir Chris de Burgh, selbst Komponist unzähliger Hits, lernte bei einem Besuch des Stücks „Der Medicus“, welches im Jahr 2017 im Schlosstheater gezeigt wurde, Musical-Komponist Dennis Martin kennen. Aus einer zunächst nur gemeinsamen Idee entstand schnell ein konkretes Projekt, welches beide in die Tat umsetzen wollten. Die Stadt Fulda ist de Burgh, wie man seinen eigenen Aussagen entnehmen kann, bei seinen häufigen Besuchen ohnehin ans Herz gewachsen. Was lag also näher als diese zwei Dinge – die Leidenschaften für Stadt und Musik – zu verbinden. Für Buch und Liedtexte zeigt sich im Übrigen ebenfalls Dennis Martin, gemeinsam mit Christoph Jilo und Kevin Schröder verantwortlich.

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Kurz vor der Premiere, nach 3 Jahren intensiven Arbeitens und großer Vorfreude, wurde die Arbeit durch die Coronapandemie jäh ausgebremst und jegliche Art von kulturellem Leben auf Eis gelegt. Aber es wäre nicht Spotlight-Musicals, wenn dies ein Grund zur Aufgabe gewesen wäre. Jetzt erst recht! schien die Parole zu sein und so durften sich Kartenkäufer zunächst in 2021 über eine exklusive CD mit kleinen musikalischen Appetithäppchen und später über ein fulminantes Streaming-Konzert freuen, welches die Vorfreude noch weiter anheizte.

Nach all diesen Unwegsamkeiten konnte nun endlich am 03.06.2022 in einem frisch renovierten Schlosstheater die Premiere von „Robin Hood – Das Musical!“ stattfinden, auf die alle so lange gewartet haben.

Die Geschichten, die sich um das Leben des legendären Robin von Loxley ranken, sind ebenso zahlreich wie vielfältig. Unzählige Bücher sind darüber erschienen und in regelmäßigen Abständen greift Hollywood nach dem Stoff, um ihn zu verfilmen. Weshalb nicht nun auch noch ein Musical? Aber wer nun glaubt, dass sich in Fulda dahinter eine weitere der abenteuerlastigen Liebesgeschichten um Robin und Marian verbirgt, der irrt. Im Gegenteil: Das Musical zeigt eher die düsteren Seiten der Zeit, in der es spielt auf, denn im 12. Jahrhundert ist man weit entfernt von der Romantik, die gerne hergenommen wird. Es herrschen raue Sitten, bei denen es in der Hauptsache um eines geht: Macht! Der immerwährende Zwist zwischen Adel und Kirche steht auch hier im Mittelpunkt. Dennoch lernen wir die Hauptfigur, Robin von Loxley, in diesem Musical von einer ganz anderen Seite kennen.

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by Michael Werthmüller

Das Kreativteam lässt den Zuschauer in Robin einen zunächst unsicheren, fast ängstlichen und mit seinen adeligen Pflichten überforderten jungen Mann erkennen, der seine Verletzlichkeit hinter Arroganz und Gleichmut versteckt. Seinen politischen Pflichten als Sohn des Earl von Huntington kommt er wenig nach. Für seinen Vater nur als Erbe wichtig, erfährt Robin von dieser Seite auch eher Ablehnung als Zuspruch. Zwangsverheiratet mit einem 14-jährigen Mädchen trotz er ihm damit, dass er sich freiwillig zum Kriegsdienst meldet. Zunächst totgeglaubt, kehrt er nach Jahren, traumatisiert von den Ereignissen in Palästina, zurück in seine Heimat nach Huntington. Dort findet er eine inzwischen selbstbewusste junge Frau vor, mit der er zwar verheiratet ist, die er jedoch gar nicht kennt. Sie schafft es langsam, ihn aus seiner Lethargie herauszulocken. Immer noch nicht wirklich an der Politik seines Landes interessiert, bringt die Ermordung von Marians Vater, dem Sheriff von Nottingham durch König John, einen Wendepunkt. Robin stellt sich gegen den König und wird daraufhin zum Tod durch den Strang verurteilt.

Kurz vor der Hinrichtung wird ihm bewusst, dass er sich seiner Verantwortung stellen muss und ruft die Anwesenden zum Widerstand gegen die Krone auf. Vom Galgen gerettet und seiner Rechte beraubt, schließt er sich einer Gruppe Entrechteter an, um fortan gemeinsam mit ihnen gegen das Unrecht und die Ausbeutung, welches der Adel dem Volk antut, zu kämpfen. Doch König und Adel sind nicht die einzigen, die Robin nach dem Leben trachten, sein „Freund“ aus Jugendtagen ist eifersüchtig zur Krone übergelaufen und sich zum Ziel gesetzt der Welt zu beweisen, dass er der wahre Held und nicht sein erklärter Widersacher Robin sei.

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Die Geschichte selbst ist so facettenreich, dass sie ohne große Schwierigkeiten auch in die heutige Zeit adaptiert werden könnte. Eine Geschichte zwischen Freundschaft und Feindschaft, Liebe und Hass, Intrigen, Mut und Verzweiflung. All dies schafft das Kreativteam aus Fulda in gut 2 ½ Stunden, die das Stück dauert, auf die Bühne zu bringen. Die einzelnen Figuren werden von Beginn an klar dargestellt, so dass auch Zuschauer, welche die Geschichte um Robin Hood nicht kennen, schnell hinter die Zusammenhänge kommen können. Als Kontrast zur Modernität des Bühnenbildes zeigen die Kostüme eher in die zeitliche Richtung in der das Stück spielt. Mit größtenteils gedeckten Farben, wo einzig König John und der Sheriff von Nottingham mit Farbenpracht aufwarten, spiegelt sich Not und Elend der Zeit auch in der Kleidung wider.

Mit Matthias Davids hat man sich einen der renommiertesten Musiktheater- Regisseure im deutschsprachigen Raum nach Fulda geholt, der das Stück zwar modern, aber nicht übertrieben inszeniert hat. Er setzt mit Choreographin Kim Duddy auf ein großes Ensemble, welches den Zuschauer durch die Geschichte trägt. Mit großen Gesten, die die jeweiligen Szenen und Songtexte nochmal unterstreichen, wird zunächst die Wichtigkeit des Volkes und später die der Geächteten hervorgehoben. Gerade zum Einstieg in das Stück wirken die zum Teil sehr komplexen Bewegungen etwas zu opulent. An dieser Stelle wäre etwas weniger vielleicht mehr gewesen. Im Verlauf des Stückes werden diese aber wieder stimmig und passen großartig zu den Szenen.

Das Bühnenbild ist technisch, funktional und ebenfalls sehr modern. Hauptbestandteil ist eine Metallwand, die die gesamte Höhe und Breite der Bühne einnimmt und an einen Stabgitterzaun erinnert. In der Mitte teil- und zu den Seiten hin faltbar, sorgt sie für die Veränderlichkeit der Kulisse. Ein weiterer, wichtiger Bestandteil ist die mittig herabsenkbare „Rampe“, die die Protagonisten auf verschiedenen Ebenen zeigen kann und somit für mehr Tiefe des Bildes sorgt. Unterstützt wird dies durch diverse Lichteffekte, welche mittels Beamer auf die Wand projiziert werden. Problematisch ist trotz moderner Technik offensichtlich der Ton, denn nicht selten fallen die ersten Worte der Darsteller einem noch nicht offenen Mikro zum Opfer, was ein wenig schade ist.

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Musikalisch darf man die Zusammenarbeit zwischen Sir Chris de Burgh und dem Fuldaer Kreativteam mehr als gelungen bezeichnen. Wie auch schon bei anderen Produktionen ist bei Robin Hood der Ohrwurmfaktor vorprogrammiert. Dabei ist es durchaus legitim, wenn man bei sich selbst ein wenig abschaut. „Die Päpstin“ lässt sich an einigen Stellen nicht ganz verleugnen. Auch kurze Assoziationen zu anderen bekannten Musicals lassen sich durchaus finden. Zu Anfang ein Quäntchen „Tanz der Vampire“, später eine Prise „Mozart!“ und ein Hauch „Rebecca“- dies ist sicherlich nicht beabsichtigt; im Gegensatz zu dem Welthit „Don’t pay the ferryman“ von Komponist de Burgh, der in deutscher Fassung nun als „Freiheit für Nottingham“ zu neuem Ruhm avanciert. Insgesamt darf man ohne Wenn und Aber die Symbiose zwischen dem Stil de Burghs und den Spotlight Musicals als ein neues Meisterwerk bezeichnen.

Auch bei dieser Produktion darf sich das Publikum über bekannte Gesichter und einige Neuzugänge bei der Besetzung freuen. Neu am Schlosstheater ist Thomas Hohler, der mit viel Leidenschaft den Guy von Gisbourne darstellt. Verschlagen, hasserfüllt und machthungrig zeigt er nicht nur großes schauspielerisches Talent, sondern fügt sich auch in die Reihen der großen Stimmen ein. „Ich oder Du“ ist nur ein Beispiel dazu.

„Urgestein“ Reinhard Brussmann darf in gleich zwei Rollen brillieren. „Es wäre schade, eine so große Stimme in einer nur so kleinen Rolle wie die des William von Loxley zu hören, dass wir uns dafür ausgesprochen haben, ihn im 2. Akt in der Rolle des John Little noch einmal ins Stück einzubinden“, so die Aussage des Spotlight Teams beim damaligen Streaming-Konzert. Dem ist weiter nichts hinzuzufügen. „Wie ein guter Vater“ bleibt zwar das einzige Solo, das jedoch ist ein wirklicher Schmeichler für die Ohren. Auch Christian Schöne durfte das Publikum bereits häufiger erleben. Ihm scheint die Darstellung der etwas überheblichen, hinterlistigen und in gewisser Weise auch ungewollt komischen Figuren sehr zu liegen. In diesem Jahr ist er als King John zu sehen, der mit „Eine neue Zeit“ seiner Meinung als König stimmlich deutlichen Nachdruck verleiht. Darstellerisch macht es einfach Spaß seiner Figur zu folgen.

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Nicht fehlen darf auch Bruder Tuck, gespielt von André Haedicke. Ihm wird der, bei diesem sonst ziemlich düsteren Stück, der wohldosierte humoristische Part zuteil. Diese Rolle scheint ihm auf den Leib geschrieben, denn sowohl Mimik, Gesang und Spiel bilden eine solche Einheit, dass man einfach nur mehr davon erleben möchte. Die Rolle des Will Scarlett ist zwar nicht allzu groß, bietet jedoch die gesamte schauspielerische Bandbreite von wütend bis pointenreich. Mit Dennis Henschel, der dies auch voll ausschöpft, ist sie dabei hervorragend besetzt.

Ganz großes Kino bieten die beiden Hauptdarsteller Mark Seibert und Johanna Zett. Gleich, ob Balladen oder aufreibende Duette, die beiden harmonieren sowohl schauspielerisch als auch stimmlich hervorragend miteinander. Seibert bietet dem Publikum eine gewaltige Kostprobe seines Könnens. Gleich ob als angetrunkener Robin von Loxley, der sich mit seinem Vater anlegt („Wie ein wahrer Loxley“), als traumatisierter Kriegsheimkehrer der bei „Woran kann ich noch glauben“ einem jeden die Gänsehaut zu Tage fördern lässt oder auch als endlich selbstbewusster Mann, der für seine Ziele kämpft. Er ist durchweg präsent und stimmgewaltig. Es macht einfach Freude ihm zuzusehen und zuzuhören. Besonders stark sind die Duette zwischen Robin und Marian (Johanna Zett). Gleich ob das sanfte „Ich weiß nicht, wer Du bist“ oder auch das stimmgewaltige „Du bist nicht allein auf dieser Welt“ avancieren zum wahren Ohrenschmaus.

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by Michael Werthmüller

Als Fazit lässt sich festhalten, dass allen Beteiligten mit „Robin Hood – Das Musical!“ etwas Großartiges gelungen ist! Wer sich nun selbst davon überzeugen möchte, kann dies ab sofort noch bis zum 16. Oktober 2022 im Schlosstheater Fulda tun. Tickets gibt es unter: https://spotlight-musicals.eventim-inhouse.de/webshop/webticket/eventlist