Englische Version des Beitrages
„Ganz nah ist das Phantom der Oper da, Es lebt in mir…“ man könnte meinen das ist nur allzu wahr, wenn man im wunderschönen „Her Majesty’s Theatre“ in London sitzt. In Sekundenschnelle wird man von der Musik magisch in einen Bann gezogen und taucht erst am Ende der Show wieder aus dieser Welt der Illusion, Magie und Melodien wieder auf. Vor dem Hintergrund der Pariser Oper erzählt Andrew Lloyd Webber in seinem Erfolgsmusical die Geschichte des Phantoms der Oper aus Gaston Lerouxs bekanntem Roman.
1905, in der Opéra Populaire in Paris findet eine große Versteigerung statt. Viele Raritäten aus dem Fundus des Hauses kommen unter den Hammer. Unter anderem eine alte Spieluhr mit der Figur eines Affen. Diese wird von Raoul, Vicomte de Changy (Nadim Naaman) erstanden. Er scheint mit ihr wertvolle Erinnerungen zu verbinden. Interessant wird es aber als Posten 666 zur Versteigerung kommt. Der Kronleuchter, der eins das Opernhaus zierte und bei den seltsamen Geschehnissen um das Phantom der Oper zu Bruch ging. Als der Auktionator (Philip Griffiths) das Signal zum Enthüllen gibt, erhebt sich der Leuchter zurück in die Luft und transportiert das Publikum zurück in das Jahr 1881.
Die neuen Besitzer der Opéra Populaire Monsieur Firmin (Siôn Llloyd) und Monsieur André (Mark Oxtoby) werden durch das Haus geführt und nehmen an der Probe für die neue Oper teil. Während der Proben wird Prima Donna Carlotta (Lara Martins) beinahe von einem herabstürzenden Kulissenteil getroffen. Sie weigert sich die Premiere zu singen und wird auf Initiative von Ballettmeisterin Madame Giry (Jacinta Mulcahy) und deren Tochter Meg (Daisy Hulbert) durch Balletttänzerin Christine Daaé (Celinde Schoenmaker) ersetzt. Christine, die Gesangsstunden von einem mysteriösen Lehrer, dem Engel der Muse (Scott Davies) erhält, meistert die Premiere mit Bravur und wird vom Publikum gefeiert. Im Publikum befindet sich unter anderem Raoul, Vicomte de Changy den Christine aus ihrer Kindheit kennt. Raoul will Christine zur Feier ihres Erfolges ausführen. Der Engel der Muse, in Wirklichkeit das Phantom der Oper, ist eifersüchtig auf Raoul und entführt Christine in das Kellergewölbe der Oper, wo er sein Versteck hat.
Als das Phantom Christine am nächsten Morgen schließlich zurück bringt, sind alle in heller Aufregung. Christine soll laut den Anweisungen des Phantoms die Rolle von Carlotta in Il Muto übernehmen. Nach einer desaströsen Show, flieht Christine vor dem Phantom, vor allem. Raoul folgt ihr und die beiden finden sich auf dem Dach der Oper wieder. Hier glaubt Christine sicher vor der Verfolgung durch das Phantom zu sein. Raoul verspricht sie vor dem Phantom zu beschützen und schwört ihr seine Liebe. Das Phantom hört das Gespräch der beiden mit an und schwört Rache. Zurück im Inneren der Oper lässt es den Kronleuchter auf die Bühne stürzen.
Sechs Monate nach den Ereignissen, wird in der Oper ein Maskenball gefeiert. Das Phantom taucht, verkleidet als Roter Tod, und übergibt André und Firmin eine von ihm geschriebene Oper mit genauen Anweisungen, wie diese zu spielen ist. Raoul ist überzeugt, dass er einen Plan hat, wie man das Phantom bei der Premiere fangen kann. Dieser erweist sich jedoch erneut als zu gewitzt und der Plan misslingt. Dem Phantom gelingt es, in dem er Tenor Ubaldo Piangi (Paul Ettore Tabone) umbringt, die Rolle an Christines Seite in Don Juan Triumphant einzunehmen und entführt sie erneut hinab in die Kellergewölbe. Raoul gelingt es mit Madame Girys Hilfe die beiden aufzuspüren. Das Phantom nimmt ihn jedoch gefangen und bietet Christine einen Deal. Bleibt sie bei ihm, lässt er Raoul frei. Christine fleht ihn an ihr das nicht anzutun. Sie bringt ihn schließlich dazu sie beide frei zu lassen. Als die Meute, die sie gejagt hat schließlich das Versteck des Phantoms findet, verschwindet dies. Nur seine Maske bleibt zurück.
In London spielt das Phantom der Oper nun bereits im rekordverdächtigen 31igsten Jahr und immer noch kommen die Menschen von nah und fern, um die Show zu sehen. Dies hat sicherlich nicht nur mit den bekannten Hits aus der Feder von Andrew Lloyd Webber, sondern auch mit der Starbesetzung zu tun. Scott Davies, der in der Vergangenheit bereits als Raoul auf der Bühne stand, begeistert nun in der Rolle des Phantoms. Der Schotte, der seine Ausbildung an der Royal Scottish Academy of Music and Drama erhielt, ist ein 1A Grund sich die Show anzuschauen, auch wenn man das Stück vielleicht schon kennt. Davies, der in London schon einige Zeit als Stand-by für die Rolle des Phantoms fungiert, hat seine individuelle Interpretation der Rolle gefunden. Besonders die Szenen in denen er die Verzweifelte oder wütende Seite des Charakters zeigen kann, brilliert er. Sowohl gesanglich, also auch schauspielerisch, lässt Davies kaum Wünsche offen.
Ähnlich talentiert zeigt sich die junge Niederländerin Celinde Schoenmaker in der Rolle der Christine Daaé. Schoenmaker, die ihr West End Debut in der Rolle der Fantine in Les Miserables feierte, gibt der Rolle einen frischen und modernen Touch. Wenn sie auch stimmlich weniger an die klassische Opernsängerin erinnert, ist es schön zu sehen, wie sie die Rolle zu ihrer eigenen macht und sich behaupten kann. Mit beiden männlichen Hauptdarstellern spielt sie eine leidenschaftliche Beziehung, die deutlich macht, wie hin und hergerissen sie ist.
Nadim Naaman, Alumni der Royal Academy of Music, bietet durchweg eine großartige Leistung, kann sein Können jedoch erst im zweiten Akt so richtig zeigen. Seine leidenschaftliche Liebe für Christine und sein ebensolcher Hass auf das Phantom sind beinahe greifbar. Zudem bietet Naaman mit seinen dunklen Augen und attraktiven Äußeren, nicht nur in der Stimmgewalt eine perfekte Besetzung für die Rolle des Raoul.
Das Opernduo aus Lara Martins als Carlotta und Paul Ettore Tabone als Ubaldo Piangi, scheint eine besondere Beziehung zueinander zu haben. Tabone als Piangi lässt es zu, dass Carlotta sich gänzlich im Rampenlicht sonnt und tritt nur dann in Erscheinung, wenn die Diva es erlaubt. Ein bisschen scheint er ihr Schoßhündchen zu sein. Martins scheint in diesem Zusammenspiel regelrecht aufzublühen. Sie spielt die Diva in schierer Perfektion. Sowohl Tabone als auch Martins kommen aus einem Opernhintergrund. Dies zeigt sich deutlich in ihrer Art die Rollen zu singen und trägt dazu bei, dass man als Zuschauer die Oper im Musical deutlicher wahrnimmt.
Jacinta Mulcahy als Madame Giry, die Ballettmeisterin des Opernhauses, ist zwar in vielen Szenen präsent, wirkt jedoch weniger einschüchternd als man es von ihrer Rolle gewohnt ist. Zwar dominiert sie mit ihrer Stimme, ihre Gesichtszüge wirken jedoch an vielen Stellen weich, sodass sie einen eher harmlosen als strengen Eindruck macht.
Die Rolle von Christines Freundin und Ballerina Meg wird von Daisy Hulbert gespielt. Die an der Elmhurst School for Dance ausgebildete Darstellerin hatte die Rolle bereits in der letzten Saison gecovert und steht nun tagtäglich in dieser auf der Bühne. Klare Pluspunkte sind ihr charmantes Auftreten, ihr perfekter Tanz, wie auch gutes Schauspiel und Gesang. Komplettiert werden die Hauptdarsteller durch Mark Oxtoby (Monsieur André), Siôn Lloyd (Monsieur Firmin) und Philip Griffiths (Auktionator/Monsieur Reyer). Alle drei passen perfekt in ihre Rollen, sowohl was das gesangliche angeht, aber auch in Bezug auf ihr Schauspiel. Griffiths, der seit mehr als 25 Jahr Teil der Phantom der Oper Produktion am West End ist, hält sogar den Guinness Rekord hierfür. Vom ersten Moment an, in dem er als Auktionator die Show eröffnet, zieht er die Zuschauer in den Bann dieses Musicals.
Neben dem Ensemble, gibt jeder, egal ob auf, unter oder neben der Bühne, sowie alle im Vorderhaus, sein bestes um den Besuch beim Phantom der Oper zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.