Spätestens seit Lisa Antoni die Mary Vetsera in „Rudolf – Affäre Mayerling“ verkörpert hat, ist die junge Österreicherin gefragt und immer wieder in hochkarätigen Rollen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu sehen. Zuletzt konnte das Publikum sie unter anderem am Theater St. Gallen in der Welturaufführung von „Artus“ erleben. Zurzeit ist Lisa Antoni an eben jenem Haus in der Titelrolle der Maria in „West Side Story“ zu erleben. Zudem verkörpert sie die Rosemary in „How to succeed in Business without really trying” an der Staatsoper Hannover.
Lena Gronewold: Wir konnten dich bereits in vielen sehr unterschiedlichen Rollen von Mary Vetsera bis Wednesday Addams auf der Bühne erleben. Hast du eine persönliche „Lieblingsrolle“?
Lisa Antoni: Ich glaube, wenn ich einen Favoriten wählen muss, dann ist das die Christine in „Das Phantom der Oper“. Die Rolle hat mir rundum Spaß gemacht. Sowohl stimmlich als auch schauspielerisch finde ich diese Rolle sehr interessant und herausfordernd. Aber ich habe sehr viele Rollen sehr, sehr gerne gespielt, wie natürlich auch die Mary Vetsera, weil es meine erste Hauptrolle war und diese Rolle etwas ganz Besonderes für mich war!
Lena Gronewold: Gibt es für dich gewisse Traumrollen, die du unbedingt einmal spielen möchtest?
Lisa Antoni: Das ändert sich oft und ich bin auch offen für Überraschungen und Stücke die ganz neu sind.
Lena Gronewold: Momentan kann dich das Publikum sowohl in St. Gallen als Maria als auch in Hannover als Rosemary erleben. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen dir und diesen beiden Charakteren?
Lisa Antoni: Mit jeder Rolle, die ich spiele, finde ich irgendwelche Gemeinsamkeiten – so versuche ich die Rolle zu ‚finden‘, indem ich etwas – oder einiges – von ihnen in mir suche (beziehungsweise umgekehrt). Bei Maria ist es die Verspieltheit, die Neugier auf das Leben und die Hoffnung und der Glaube an das Gute. Bei Rosemary ist es die Zielstrebigkeit und Sicherheit, dass sie erreichen kann, was sie sich in den Kopf gesetzt hat.
Lena Gronewold: Auch wenn jeder Charakter anders ist, hat ja auch immer die Interpretation des Darstellers etwas damit zu tun, was das Publikum am Ende auf der Bühne sieht. Hast du eine bestimmte Art der Rollenvorbereitung?
Lisa Antoni: Ich beginne damit, dass ich das Stück lese oder mir das Stück ansehe, im Theater, als Film oder zumindest YouTube-Ausschnitte. Wenn es eine Buchvorlage gibt, dann lese ich diese auch, das ist sehr hilfreich. Davon bekomme ich dann einen ersten Eindruck und ein Gefühl dafür, wie diese Person ist. Dann suche ich die Übereinstimmungen mit mir selber und schaue, mit welchen Eigenschaften oder Aktionen/Reaktionen ich mich identifizieren kann. Ich lerne den Text und versuche auch, die „Stimme“ der Rolle und das grundsätzliche Feeling, dass diese Person hat, zu finden. Alles in allem erarbeite ich mir ein GEFÜHL und versuche, das für jede der Vorstellungen wieder zu erwecken. Jede Rolle fühlt sich anders an, so wie man sich selbst auch unterschiedlich fühlt und verhält, im Beisein verschiedener Personen. Zusätzlich erfordert auch nicht jede Rolle den gleichen Gesangs-Stil oder Stimm-Umfang, das muss man sich natürlich auch erarbeiten.
Lena Gronewold: Du bist auch immer wieder in Konzertabenden, wie zum Beispiel bei “The Wildhorn Songbook“, zu sehen. Was ist für dich der Reiz an solchen Abenden mitzuwirken?
Lisa Antoni: Solche Konzerte sind toll, weil man innerhalb eines Abends Lieder aus verschiedensten Stücken singen kann und im Idealfall auch verschiedene Stile. Es ist spannend, weil man meist kaum Proben dafür hat und insofern kribbelt es im Bauch wenn man hofft, dass alle Texte und Schritte sitzen. Alle sind sehr wach, weil es jedes Mal wie eine Premiere ist. Ich würde gerne noch mehr Repertoire interpretieren dürfen, dass nicht so in meiner Comfort Zone liegt, auch mal etwas Rockiges oder eine Rolle, die eher untypisch für mich scheint. Da könnte man noch viel entdecken und ausprobieren!
Lena Gronewold: Um einen Moment bei Frank Wildhorn zu bleiben: Du hattest die Gelegenheit, in St. Gallen in seinem neuesten Stück „Artus“ die Rolle der Guinevere zu spielen. Konntest du, obwohl du erst nach der Uraufführung zur Cast gestoßen bist, die Rolle mit Frank Wildhorn erarbeiten und wie hat dir die Zusammenarbeit gefallen?
Lisa Antoni: Ich hätte eigentlich die Uraufführung spielen sollen, aber ich war zu der Zeit noch am Linzer Landestheater engagiert und hatte zu der Zeit Proben für SHOWBOAT. Beides ließ sich im Endeffekt leider nicht vereinbaren. Ich bin aber übrigens froh dass ich SHOWBOAT gespielt habe, es ist ein ganz tolles Stück und die Magnolie ist sehr schöne Rolle, die ich geliebt habe.
Aber zurück zu ARTUS, Frank Wildhorn hat mir gesagt, er hätte die Rolle der Guinevere für meine Stimme geschrieben, was mich sehr geehrt hat. Vielleicht kann ich ja eines Tages die Lieder der Guinevere auf CD aufnehmen, das fände ich sehr schön. Da ich für die Wiederaufnahme von Artus nur 2 oder 3 Tage Proben hatte, und das Stück ja schon ein paar Monate gelaufen ist, hatte ich dann nicht mehr die Möglichkeit, viel zu ändern – ich habe einfach versucht, innerhalb der festgelegten Stagings meine eigene Interpretation zu finden. Frank Wildhorn war bei diesen Proben leider nicht dabei. Wir hätten gerne die Tonarten wieder auf die für mich passenden geändert, dazu gab es aber auch nicht mehr die Gelegenheit… Aber ich habe mich gefreut, einfach in ein funktionierendes System hineinzukommen und hatte Spaß mit den Kollegen!
Lena Gronewold: Was hat dich dazu gebracht, Musicaldarstellerin zu werden und hast du Tipps für junge Menschen, die den gleichen Weg einschlagen möchten?
Lisa Antoni: Ich war als Kind und Jugendliche sehr viel im Theater. Da hab ich die Theaterluft geschnuppert und wollte das beruflich machen. Einige Theater- und Musical-Kurse haben mich darin bestätigt und mir gezeigt, wie Proben ablaufen und wie schön der Beruf ist ,aber auch, dass man ein dickes Fell und einen starken Willen und Disziplin braucht! Das ist mein Tipp für angehende Darsteller – es wirklich wollen und dran bleiben. Viel ins Theater gehen. So viel wie möglich üben und Praxis sammeln. Und ich persönlich finde es wichtig, dass man nicht versucht, eine Kopie zu sein oder einem Klischee zu entsprechen, sondern seine Individualität zu behalten und zwar stark an sich zu arbeiten, aber seine Essenz zu bewahren und seine Seele zu zeigen.
Lena Gronewold: Wenn du nicht gerade auf der Bühne stehst, welche Musik hörst du dann gern?
Lisa Antoni: Ich höre tatsächlich gerne Musicalsoundtracks ;), klassische Musik, Pop, Jazz, Rock… je nach Laune.
Lena Gronewold: Was sind deine Lieblingslieder, im Musical sowie auch anderen Bereichen?
Lisa Antoni: Da gibt es zu viele und es ändert sich auch oft!
Lena Gronewold: Gibt es einen besonders lustigen Moment in deiner Karriere, den du mit uns und den Lesern teilen würdest?
Lisa Antoni: Ich erinnere mich jetzt spontan an einen Lachkrampf mit einem Kollegen auf den Barrikaden bei Les Misérables an der Grazer Oper. Ich habe damals im Ensemble gespielt. Es war eigentlich ein sehr trauriger Moment, aber dieser Kollege und ich haben einfach davor herumgeblödelt und dann einfach unglaublich Lachen müssen, weil wir wussten, dass wir jetzt ernst sein müssen. Wir haben natürlich nur leise gelacht und wir haben unsere Gesichter verborgen. Es ist bestimmt niemandem im Publikum aufgefallen, aber es war natürlich eher unpassend;)
Lena Gronewold: Kannst du uns zum Schluss noch etwas zu deinen Plänen für die Zukunft verraten?
Lisa Antoni: Ich habe einige Wünsche für die Zukunft, aber ich bin offen dafür, wie genau sie sich manifestieren… am Wichtigsten ist es mir viele spannende Rollen spielen zu dürfen, in möglichst ganz tollen Produktionen! 🙂
Wir danken Lisa Antoni für dieses tolle Interview und hoffen, sie bald wieder auf der Bühne erleben zu dürfen!