Dracula: Der Name allein versprüht einen Hauch von Mythos und blutigem Nervenkitzel vergangener Jahrhunderte. Viele Schriftsteller haben die Geschichte um den geheimnisvollen Grafen aus den Karpaten zu Papier gebracht. Einer der bekanntesten ist sicherlich der Briefroman von Bram Stroker, dessen Verfilmung es sogar bis in die internationalen Kinos schaffte.
Was lag näher als dies auch als Musical auf die Bühne zu bringen? Frank Wildhorn griff dieses Thema auf und fasste das Buch von Christopher Hampton und Don Black in Musik. Seit seiner Uraufführung im Jahre 2001 in San Diego, wurde es bereits auf vielen verschiedenen Bühnen gespielt.
Das Stadttheater Bremerhaven hat sich nun auch dieser Story gewidmet, allerdings nicht ohne sich einiger Neuerungen zu bedienen. So findet man den Untoten nicht mehr auf seinem Schloss zwischen alten Gemäuern in den Karpaten, sondern ganz modern im 21. Jahrhundert in einer 2-Zimmer-Wohnung. Auch sieht man ihn nicht herrschaftlich mit weitem Umhang umherschreiten, sondern elegant mit einem dunklen Anzug bekleidet seinen Geschäften nachgehen.
Die Story bleibt dennoch die gleiche: Der Anwalt Jonathan Harker (Maximilian Mann) besucht ihn geschäftlich und wird von Dracula (Christian Alexander Müller) gebissen. Aus seiner Ohnmacht erwacht, flieht Harker zurück nach London, wo er von seiner Braut Mina Murray (Anna Preckeler) erwartet wird. Durch ein Bild auf Mina aufmerksam geworden, folgt Dracula Harker und bleibt fortan immer in Minas Nähe. Renfield (Thomas Burger) sein treuer Gefolgsmann hilft ihm dabei seiner Opfer auszusuchen. Minas Freundin Lucy, die sich nicht zwischen 3 Heiratsanträgen entscheiden kann, wird Draculas erstes Opfer. Durch ihr eigentümliches Benehmen und den unverkennbaren Malen am Hals aufmerksam geworden, wird Professor van Helsing (Tobias Haaks) zur Hilfe gerufen. Der bestätigt den Verdacht, dass Dracula sein Unwesen treibt und versucht ihm Herr zu werden und noch mehr Unheil zu verhindern. Trotzdem sind Minas Gefühle zwiegespalten, einerseits mit Harker liiert, andererseits der Aura Draculas verfallen, entscheidet sie sich dennoch für den Weg in die Unsterblichkeit. Eigentlich am Ziel seines Strebens angelangt, bemerkt Dracula nun, dass es keine Zukunft für beide geben kann und bittet Mina ihn zu erlösen…
Sicherlich eine völlig neue Interpretation des Stückes mit der Musik von Frank Wildhorn, aber mit viel Geschick auf die Bühne gebracht. Die Mystik des auf einem
Schloß lebenden Grafen bleibt dabei zwar ein wenig auf der Strecke, aber dies wird jedoch durch ein abwechslungsreiches, die Drehbühne voll nutzendes Bühnenbild, kompensiert. Die sich zeitweise auf bis zu 3 Ebenen, sei es durch Darstellung von 3 Räumlichkeiten hintereinander oder Wohnetagen übereinander abspielende Story, ließ den Zuschauer das Ganze immer wieder aus einem anderen Blickwinkel verfolgen.
Den eingefleischten Dracula-Fans ist sicher auch nicht entgangen, dass einzelne Songs etwas gekürzt wurden bzw. „Wie wählt man aus“ ganz fehlte. Um der Inszenierung folgen zu können war dies möglicherweise notwendig; passte es, bedingt durch die moderne Fassung, einfach nicht mehr ins Stück.
Die Besetzung des Stückes in dieser Form, ist durchaus gelungen. Christian Alexander Müller in der Rolle des Dracula begeistert die Zuschauer gleich zu Anfang, genauso wie Maximilian Mann als Jonathan Harker oder Anna Preckeler als Mina Murray. Ihre klangvollen Stimmen wären sicherlich noch besser zur Geltung gekommen, wenn nicht zeitweise das Philharmonische Orchester Bremerhaven mit E-Gitarren-Verstärkung mit einem Mix aus großen romantischen Balladen, emotionalen Duetten, Popmusik und mitreißenden Rock-Szenen so kräftig aufgespielt hätte, dass das gesamte Ensemble stellenweise, trotz Mikros, nur schwerlich dagegen ansingen konnte. Das blieb aber auch das einzige kleine Manko, was den Genuss der sonst sehr gut umgesetzten Melodien von Frank Wildhorn, ein wenig schmälerte.
Ein Hörgenuss war ebenfalls Tobias Haaks als Professor van Helsing. Eigentlich gar nicht aus der Musicalszene kommend, sondern seiner klassischen Ausbildung folgend, rundete er das ganze Stück gesanglich ab.
Darstellerisch nimmt man jedem einzelnen Protagonisten seine Rolle ab. Die Gratwanderung zwischen Horror und Leidenschaft gelingt problemlos. Genau wie Mina im Stück kann man sich als Zuschauer nicht entscheiden, ob man den Grafen fürchten oder lieben soll.
Insgesamt einmal eine andere, als die üblicherweise gezeigte Darstellung des Stückes. An manchen Stellen anfangs sicherlich auch ein wenig verwirrend, was den Zusammenhang der einzelnen Personen anbelangt, jedoch absolut sehenswert. Dieser Meinung war auch einhellig das Premierenpublikum, das das Stück spontan mit Standing Ovations und tosendem Applaus bedachte.
Das Stadttheater hat Dracula noch bis zum 15.06.2017 im Programm.
Tickets gibt’s hier!