Wer kennt sie nicht, die kitschig romantische Filmversion der Lebensgeschichte von unserer „Sissi“? Was seit Jahrzehnten regelmäßig Fernsehzuschauer begeistert, hat jedoch wenig mit der „wahren“ Geschichte der Kaiserin Elisabeth zu tun, wie sie im Musical von Michael Kunze und Sylvester Levay erzählt wird. Den Auftakt des Stückes bildet der Selbstmord von Elisabeths Mörder Luigi Lucheni, der zum Erzähler des Stückes wird. Er geleitet das Publikum durch die Stationen von Elisabeths Leben. Sie wird von der bayrischen Prinzessin mit allen Freiheiten, zum Vogel im goldenen Käfig, als sich Kaiser Franz-Josef, Herrscher über Österreich und zugleich Elisabeth Cousin, in sie verliebt und sie anstelle ihrer Schwester Helene zur Kaiserin an seiner Seite bestimmt. Elisabeth begreift jedoch schnell, was es bedeutet Kaiserin zu sein. Die Pflichten des Hofes und der andauernde Disput mit Franz-Josefs Mutter, Erzherzogin Sophie, lasten schwer auf den Schultern der jungen Kaiserin. Auch, dass ihre Kinder von ihrer Schwiegermutter erzogen werden sollen, kann die familiär geprägte Elisabeth nicht verstehen. Immer wieder, wenn Elisabeth mit ihrem Schicksal hadert, ist da einer, der sie versteht und zu sich holen will: Der Tod. Er hat sich in Elisabeth verliebt und will sie bei sich wissen. Elisabeth wiedersteht der Versuchung jedoch immer wieder und lernt, sich bei Hofe durchzusetzen. Ein glückliches Leben scheint ihr jedoch nicht vergönnt. Sie wendet sich ab von Mann und Sohn und endet schließlich doch in den Armen des Todes.
Nach eher verhaltenen Kritiken zur Weltpremiere 1992 hat sich das Stück zum Publikumsliebling gemausert. Der Siegeszug führte die Kaiserin und ihre Entourage im vergangenen Jahr sogar bis nach Shanghai. Jetzt ist Elisabeth Anfang Januar nach Berlin zurückgekehrt, wo die Kaiserin bereits 2008 Hof hielt. Während Bühnenbild und Ausstattung einige tourneebedingte Anpassungen in Kauf nehmen müssen, wartet das Orchester unter dem Musikalischen Leiter Ratan Jahveri mit fulminanter Livemusik auf, die den Rahmen für eine durchweg fantastische Leistung bietet.
In der Titelrolle glänzt in dieser Tournee Roberta Valentini. Die deutsch-italienische Darstellerin muss sich an Vorgängerinnen mit großen Namen messen lassen. Valentini zeigt jedoch, dass sie zumeist mit den vorherigen Kaiserinnen Pia Douwes und Annemieke van Dam mithalten kann. Auch wenn noch nicht jede Nuance der Rolle perfekt sitzt, ist es erfrischend ein neues Gesicht zu sehen. Während Valentini zu Beginn als junge Kaiserin ein wenig übertrieben kindlich wirkt, hat sie spätestens in ihrem ersten großen Solo „Ich gehör nur mir“ in die Rolle gefunden und begeistert ihr Publikum. Auch ihr Konterpart, der charismatische Tod, dargestellt von Christoph Apfelbeck, der den erkrankten Máte Kamarás ersetzt, weiß zu überzeugen. Mit seiner sanften, aber kraftvollen Stimme brilliert der junge Österreicher sowohl in seinen Soli als auch im Duett mit Valentini. Auch Kaiser Franz-Josef (Maximillian Mann) und Luigi Lucheni (in dieser Vorstellung Michael Souschek) überzeugen und fesseln mit ihrer überzeugenden Verkörperung der Rollen.
Auch im Gesamten glänzt das Ensemble des Stückes mit einer großartigen gesanglichen und darstellerischen Leistung. Besonders hervorzuheben sind hierbei, neben Caroline Sommer, die sowohl als Herzogin Ludovika als auch Frau Wolf glänzt, Thomas Hohler und Leonardo Wagner, die die Rolle des Kronprinzen Rudolf verkörpern. Besonders Leonardo wird für seine Darstellung des Kronprinzen als Kind vom Publikum mit anhaltendem Jubel belohnt.
Insgesamt beweist Elisabeth, dass eine Produktion wie diese, die durch große Kostüme wie auch seine Musik besticht, als Tourneeproduktion funktionieren kann. Auch beim breiten Publikum scheint das Stück Anklang zu finden, sodass man nur auf eine Rückkehr zum ensuite Spielbetrieb des Stückes nach der letzten Tourneestation in Hamburg hoffen kann.