In Tecklenburg sind die beiden kaum noch wegzudenken und auch auf anderen Bühnen im deutschsprachigen Raum haben sie sich in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Die Rede ist natürlich von Milica Jovanovic und Dominik Hees. Die deutsch-serbische Jovanovic ist spätestens seit ihrem Engagement bei Sound of Music in Salzburg (2012-2019) und als Magnolia in Show Boat (Bad Hersfeld) fast jedem in der Musicalbranche ein Begriff. Auch der gebürtige Kölner Hees ist bereits seit vielen Jahren im Musicalbusiness erfolgreich. Zu seinen bekanntesten Rollen zählen die des Rum Tum Tugger in Cats (Europatournee, 2010-2013), Henry in Next to Normal (2013/2015/2017) und Helmut Rahn in Das Wunder von Bern (2014-2015). Beide sind jedoch auch eng mit den Freilichtspielen in Tecklenburg verbunden. Jovanovic gab ihr Tecklenburg-Debut 2009 als Nehebka in Aida, Hees folgte 2016 als Lancelot in Artus – Excalibur. Wir haben die beiden am Rande ihrer diesjährigen Tecklenburg Engagements bei Dr. Schiwago und Don Camillo & Peppone zum Interview getroffen.
Lena Gronewold: Ihr seid nun beide zum wiederholten Mal in Tecklenburg dabei. Was macht für euch den Reiz aus hier zu spielen?
Milica Jovanovic: Für mich ist das hier mittlerweile so wie eine Familie geworden. Allein schon mit den Kollegen und Kolleginnen und mit dem ganzen Team hier zu arbeiten macht mich glücklich. Es sind inzwischen Menschen geworden, die man kennt, bekannte Gesichter, die man wieder trifft und denen man vertraut. Das macht für mich ganz viel aus und trägt zur positiven Atmosphäre bei. Außerdem werden hier immer superschöne Stücke ausgewählt, die relativ selten gespielt werden und die Regisseure, mit denen man hier arbeiten kann, sind wunderbar. Tatsächlich stimmt hier das ganze Paket. Und wir sind in Nordrhein-Westfalen, es ist nicht weit von unseren Familien entfernt…
Dominik Hees: …es ist in der Natur. Man arbeitet hier ja fast rund um die Uhr draußen, auch bei Regen und Wind und es ist einfach anders als im Theater, wo alles seinen fest geregelten Gang geht. Wenn es gewittert, fällt halt mal eine Probe aus und dann sitzt man gemütlich mit allen zusammen im „Apfelgarten“. Die Stimmung ist sehr familiär hier. Alle Mitarbeiter sind naturverbunden und freundlich und was noch dazu kommt, ist die große Wertschätzung der Arbeit, die man als Schauspieler und Sänger leistet. Dies spürt man sogar bei einem Spaziergang durch das Örtchen. Die Menschen hier sind sehr kommunikativ und stolz auf Ihre Festspiele.
Milica Jovanovic: Es gibt zum Beispiel einen Mann, den möchte ich erwähnen, er hat einen Beerenstand, der dreimal die Woche hier ist. Und er will die Künstler*innen damit unterstützen, dass er uns immer günstigere Preis macht. Er sagt, er möchte uns etwas zurückgeben, für das, was wir ihm auf der Bühne mit unserem Spiel schenken. Letztens hat er uns einfach eine ganze Kiste voll Himbeeren, Blaubeeren und Zwetschgen geschenkt. Das finde ich bezeichnend für Tecklenburg, diese Liebe, mit der wir hier aufgenommen werden. Es ist ein Miteinander und das ist sehr schön.
Lena Gronewold: Reiz – Aber gleichzeitig auch eine Belastung, wenn man zwei Stücke zur selben Zeit am selben Ort spielt?
Milica Jovanovic: Es ist quasi doppelte Arbeit, aber ich finde, durch die Art, wie wir unser Leben privat organisieren, dass wir gut schlafen, dass wir gesund essen und meditieren, sind wir sehr im Einklang mit uns. Ich fühle , wir haben viel Kraft und es ist absolut machbar.
Dominik Hees: Ja, genau. Ich finde es hat sehr gut funktioniert dieses Jahr. Bisher habe ich hier in Tecklenburg nur 2016 ein Stück, nämlich „Artus Excalibur“ gespielt, Mili war bereits häufiger als ich engagiert. Damals war es für mich eine Luxussituation, lediglich zwei Vorstellungen die Woche zu spielen. Diesen Sommer war es eben so, dass wir zwei Vorstellungen pro Woche spielten und zusätzlich die restlichen Tage für Dr. Schiwago probten. Für mich macht es viel aus, dass wir super schlafen, weil wir direkt in der Natur leben und es erholsam ruhig ist. Dadurch, und auch durch meine Ernährungsumstellung auf Vegan, sowie den Verzicht auf Alkohol seit Anfang Mai, fühle ich mich voller Energie. Im Long-Run-Geschäft ist die Belastung einfach anders, dadurch dass man jeden Abend in einer bestimmten Art und Weise abliefern muss, ist es manchmal schwer über Nacht wieder vollständig zu neuer Kraft zu gelangen. In Open-Air-Sommerproduktionen wie hier in Tecklenburg ist dies deutlich angenehmer durch geringere Anzahl an Shows, obwohl man natürlich auch in jeder Vorstellung Vollgas gibt.
Lena Gronewold: Milica, du hast bereits 2009 hier in Tecklenburg auf der Bühne gestanden und bist seit 2016 in jedem Jahr dabei gewesen. Ist Tecklenburg für dich schon ein bisschen zweite Heimat?
Milica Jovanovic: Ich fühle mich hier sehr zuhause, dadurch das ich aber weiß, dass ich nächstes Jahr im Sommer in Chemnitz spielen werde, ist es auch endlich. Ich genieße das deswegen gerade umso mehr, weil ich weiß, dass ich erst mal eine kleine Tecklenburg-Pause haben werde. Das ist nun mal so in unserem Business. Man ist manchmal ein paar Jahre irgendwo und fühlt sich da heimisch und dann wechselt man wieder woanders hin. Ich weiß Tecklenburg sehr zu schätzen, es ist aber manchmal eben auch so, dass es keine Rollen gibt, die zu einem passen und dann geht man woanders hin, wo man ein tolles Angebot hat. Und ich suche natürlich auch danach aus, wo es etwas Spannendes für mich zu spielen gibt. Aber trotzdem ist das hier für mich ein zuhause und ich hoffe sehr, dass es vielleicht in zwei, drei Jahren für mich auch wieder nach Tecklenburg geht.
Lena Gronewold: Dominik, auch du bist seit 2016 in Tecklenburg dabei, genauso wie viele eurer anderen Kolleginnen und Kollegen. Hat Tecklenburg ein bisschen was von Klassentreffen?
Dominik Hees: Auf jeden Fall. Man trifft hier auch Kollegen, die in diesem Jahr nicht hier arbeiten und trotzdem vorbeikommen und uns besuchen. Ich finde es toll, dass der Chef, Vereinspräsident Beuleke Schauspieler und Sänger erneut engagiert, wenn sie einen tollen Job gemacht haben. Dadurch wächst der Zusammenhalt und das spürt man deutlich. Es ist eine besondere Verbundenheit.
Milica Jovanvic: Hier gibt es sehr wenig Ego muss ich sagen. Es wird hier schon, so zu mindestens mein Gefühl, danach ausgesucht, dass das gesamte Ensemble dem Stück oder der Sache dienen will. Es gibt wenig Eitelkeit hier und das ist sehr besonders.
Lena Gronewold: Um noch ein bisschen in Tecklenburg zu bleiben: Ihr sammelt in diesem Jahr Spenden für ein tolles Projekt. Mögt ihr davon ein bisschen erzählen?
Dominik Hees: Die Initiatorin ist eigentlich Milica. Ich bin dann da mit an Bord gesprungen. Mili organisiert in fast jeder Produktion eine Spendenaktion, die etwas mit dem Stück und dessen Thematik zu tun hat. Dieses Jahr haben wir uns dann eben gemeinsam dafür entschieden einen Brunnenbau in Afrika zu unterstützen, weil es bei Don Camillo & Peppone eben um einen Brunnenbau geht. Wir sind dann auf Viva con Aqua gestoßen, denen wir ohnehin schon seit unserer Zeit in Hamburg verbunden sind, da wir dort immer deren Wasser gekauft haben. Die Arbeit in Afrika klang nach einer super Sache und ich habe mich mal mit denen in Verbindung gesetzt und mir das Ganze genauer angeschaut. Die haben hunderte von Projekten, die sie unterstützen und das fanden wir eine tolle Sache und haben eben anstatt kleine Geschenke zur Premiere zu verteilen, angefangen Spenden zu sammeln. Außerdem haben wir einen Aufruf im Internet gestartet, sodass die Fans sich auch beteiligen können und da sind wir mittlerweile auch schon bei fast 5000 Euro. Es hat sich also gelohnt.
Milica Jovanovic: Und zusätzlich versteigern wir nach jeder Vorstellung zwei Plakate, die im Stück benutzt werden. Darauf sammeln wir nach der Vorstellung die Unterschriften von allen und meist gehen dann Dominik und ich raus und versteigern sie. Das Geld geht dann gesammelt nach der letzten Vorstellung an Viva con Aqua, die das dann für einen Brunnenbau benutzen. Das ist schön zu sehen, wie viele Menschen sich an dieser Aktion beteiligen. Im Restaurant Teckolo beispielsweise, werden die Trinkgelder gesammelt und gespendet und sie werben auch stark dafür. Und auch die Fans haben sich viel einfallen lassen, um das Ganze zu unterstützen. Das Ganze zieht einfach Kreise. Die Idee mit den Plakaten kam beispielsweise von der Requisite und so bringen sich viele ein, um Gutes zu tun. Wenn jeder von uns etwas Gutes tut, dann kann das wie ein positives Feuer sein.
Lena Gronewold: Irgendwann ist der Sommer hier ja auch vorbei. Könnt ihr uns schon sagen, was danach kommt? Erst mal Urlaub?
Milica Jovanovic: Leider nicht. Dominik arbeitet schon parallel in Wien und ich fange in drei Wochen auch an zu proben, und zwar in Dortmund für Jekyll&Hyde. Da spiele ich dann die Lisa und werde ab Ende August die Tage, an denen ich hier in Tecklenburg keine Vorstellung habe, in Dortmund verbringen.
Dominik Hees: Ja, ich habe am 20. September mit Cats in Wien. Und die proben haben bereits am 15. Juli begonnen, das war noch vor unserer Dr. Schiwago Premiere und es war ein relativ steiniger Weg, dass wir das unter einen Hut bringen konnten, weil ich natürlich noch hier verpflichtet bin und natürlich auch spielen wollte. Ich will ja nicht erst proben und dann nicht da sein. Da haben ich mit dem Chef hier wirklich jemanden, der einfach ein Theatermensch ist und das versteht. Der hat mir sehr unter die Arme gegriffen und geholfen jemanden zu finden, der adäquat ist und die Rolle dann übernehmen kann, wenn ich schon in Wien sein muss. Der Fabio Diso wurde hier auch schon einstudiert, er war zwei, drei Wochen bei den Proben dabei und es war wirklich toll, dass alle Beteiligten das möglich gemacht haben.
Milica Jovanovic: Und die beiden verstehen sich sehr gut, Fabio und Dominik. Das ist sehr schön gewesen, zu beobachten, wie sie sich dieselbe Rolle geteilt haben.
Dominik Hees: Das war für mich auch interessant. Ich konnte das Stück so auch mal sehen, da er eine Hauptprobe gespielt hat. Die Chance hat man sonst nicht. Und das hat mir sehr geholfen was die Interpretation der Rolle und des Stücks angeht. Cats wird dann erst mal bis nächsten Sommer laufen und dann schauen wir mal weiter.
Lena Gronewold: Ihr seid nicht nur hier auf der Bühne ein Paar, sondern auch im privaten. Ist es manchmal schwer, gerade wenn man in verschiedenen Stücken an verschiedenen Orten auf der Bühne steht und sich vielleicht nicht so häufig sieht?
Dominik Hees: Das kommt in letzter Zeit glücklicherweise immer seltener vor.
Milica Jovanovic: Wir stehen vor einer Zeit, in der wir uns ein bisschen weniger sehen werden. Aber ich habe das Gefühl, dass wir gut verbunden sind im Herzen und mit den heutigen Medien können wir uns jeden Tag sprechen und auch via Video sehen. Das tut dann gut, man kann sich so auf dem Laufenden halten und wir wissen eben auch, dass es nur fünf Wochen sein werden in denen wir uns seltener sehen. danach sind wir auch wieder viel zusammen. Wir versuchen schon so viel wie möglich zusammen zu sein. Ich glaube, die Situation dass wir beide Long-runs in unterschiedlichen Städten spielen würden, kommt für uns im Moment, wenn es nicht gerade DIE Traumrollen wären, nicht in Frage.
Dominik Hees: Zusammen zuarbeiten ist natürlich ein Luxus und das wissen wir sehr zu schätzen.
Lena Gronwold: Verkehrte Welt – Ihr dürft einmal in eine Rolle schlüpfen, die für das andere Geschlecht geschrieben wurde, welche wäre das?
Milica Jovanovic: Ich würde das Phantom spielen in Liebe stirbt nie. Weil für mich eine der schönsten Melodien „Til I hear you sing once more“ ist.
Dominik Hees: Ich würde Elphaba spielen wollen. Das ist eine Bombenrolle und eine tolle Figur, die auch viele Frauen gerne spielen möchten.
Milica Jovanovic: Also ich nicht. Ich würde viel lieber Glinda spielen.
Dominik Hees: Also ich würde Elphaba spielen, wenn ich die Stimme dafür hätte.
Lena Gronewold: Milica, du warst unter anderem in Mary Poppins zu sehen. Für viele hat dieses Stück etwas Magisches. Wie viel Magie gehört dazu, hunderte Menschen jeden Abend in eine andere Welt zu entführen?
Milica Jovanovic: Also Imagination gehört für die Menschen im Publikum auf jeden Fall dazu. Sie müssen sich darauf einlassen. Was wir tun können ist, die Geschichte zu erzählen. Das sollte immer das wichtigste sein. Und dann wird daraus zusammen mit der Musik, mit dem Licht, mit den Kostümen etwas ganz Besonderes, etwas Magisches. Für mich persönlich ist es immer ein magischer Moment, wenn das Orchester dazu kommt. Dann geht für mich der Himmel auf. Bei Mary Poppins gibt es dazu dann natürlich noch wunderbare Tricks, die das Ganze zu etwas besonderem machen. Es ist schön zu sehen, wie dieses Stück Jung und Alt erfreut. Auch wenn man die Drahtseile sieht, in der Phantasie fliegt Mary Poppins wirklich über uns hinweg.
Lena Gronewold: Dominik, du hast in Hamburg den Charlie Price in Kinky Boots gegeben. Dieses Stück transportiert- zu mindestens in meinen Augen- einige große Botschaften. Was hast du ganz persönlich aus dieser Zeit mitgenommen?
Dominik Hees: Definitiv das, was Du gerade sagtest, die Botschaften des Stücks. Das war auch den Kreativen, die das Musical in Hamburg inszeniert haben am wichtigsten. Dass man als Schauspieler, auch wenn man müde ist, oder einen schlechten Tag hatte, daran festhalten kann am Abend auf die Bühne zu gehen und den Zuschauern diese wunderbare Botschaft von Akzeptanz und Liebe mitzuteilen. Das habe ich für mich mitgenommen. Diese positive Energie im gesamten Ensemble. Außerdem hat mir bei Kinky Boots die szenische Arbeit, also die Zusammenarbeit mit dem Regisseur DB Bonds sehr gefallen. Den fand ich fantastisch und das hat mir viel gegeben, auch ganz allgemein für mein Verständnis von Stücken überhaupt. Ich habe dort ganz viel gelernt, über Theater und wie Musicals funktionieren und wie man eine Botschaft vermittelt.
Lena Gronewold: Vorhin haben wir bereits über eure Pläne für die nahe Zukunft gesprochen. Habt ihr auch Wunschrollen, in denen ihr in den kommenden Jahren gerne auf der Bühne stehen würdet?
Milica Jovanovic: Ich hatte immer Maria in West Side Story und Clara in The Light in the Piazza auf der Liste, aber langsam werde ich älter und damit neigt sich das Spielalter dem Ende zu. Deswegen hoffe ich, dass ich bald andere Rollen entdecke, die Traumrollen für mich sein könnten Also ich kann mir generell vorstellen noch mehr Stephen Sondheim Stücke zu spielen. Ich liebe die Psychologie der Rollen in seinen Werken.
Dominik Hees: Also bei mir…
Milica Jovanovic: Sorry, ich hab noch eine! Die Anna in Frozen!
Dominik Hees: Ich habe keine Traumrolle. Das Stück müsste vielleicht noch geschrieben werden. Es gibt so viele tolle Musicals mit wunderbaren Rollen, aber keine auf die ich mich festlegen möchte. Ich finde in jeder Rolle Spaß und Aufregendes und es war meistens so, dass wenn ich die niedrigsten Erwartungen hatte, es am meisten Spaß machte.
Wir sagen vielen Dank für das Interview. Wer mehr wissen und über Milica Jovanovic und Dominik Hees auf dem Laufenden bleiben will, kann ihnen auf den sozialen Netzwerken folgen. Dort gibt es regelmäßig Neuigkeiten.